Wer jetzt kein Haus hat

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Lagerfeuergespräche zwischen Vater und Sohn waren auch schon erbaulicher. «Es dauert nicht mehr lange; irgendwann knallt es. Dann gibts dann auch nicht mehr so einfach zu essen in der Migros.» Die Frage nach der eventuellen Freundin oder wie es Benny in der Schule gefalle, wirken eher pflichterfüllend. In der Schule verpasse er nichts Wichtiges, da ausser dem Überleben sowieso bald nichts mehr eine grosse Rolle spiele.

Die Krux mit der Klimakrise und dem unabwendbaren Knall liegt in diesem «irgendwann» – und wie man darauf reagiert. Manche machen keine Kinder mehr, manche das Gegenteil, und noch andere schotten sich physisch und emotional ab. Vater Michael tendiert zu Letzterem, hat allerdings noch einen Sohn aus gescheiterter Ehe und will mit diesem vorgeblich ein paar Tage in seiner abgeschiedenen Berghütte verbringen. Normales Vater-Sohn-Bonding quasi, und in unsicheren Zeiten schaden ein paar Überlebenstechniken, ein abgeschaltetes Handy und ein riesiger Lebensmittelvorrat auch nicht. Am Tag nach dem Lagerfeuergespräch wird Schiessen geübt. Ziele: ein Apfel, eine Bouillonbüchse und dann Bennys Handy, die letzte Verbindung der beiden zur mütterlichen Aussenwelt.

Leon Schwitter verzichtet in seinem ersten langen Spielfilm «Réduit» darauf, grosse Thesen aufzustellen oder seine Figuren in langen Dialogen über die Welt sprechen zu lassen. Die zweite Hälfte kommt dann fast ganz ohne Dialoge aus – ein ästhetisches Risiko, das nicht viele Schweizer Filmemacher:innen eingehen, weil die Anforderungen an Bildsprache und Schauspieler:innen eher hoch sind. Peter Hottinger und Dorian Heiniger werden dem durchaus gerecht, während die Bilder von Robin Angst die erst neblige, dann schneeverhangene Szenerie zwischen Klaustrophobie und Geborgenheit schweben lassen. Dazu passt auch der Titel, der ansonsten vielleicht historisch etwas zu spezifisch klingt. Doch sind die Assoziationen mit der Grundhaltung, sich lieber abzukapseln, während andere die Probleme lösen sollen, so falsch auch wieder nicht.

Filmstill aus dem Film «Réduit»

«Réduit». Regie: Leon Schwitter. In: Solothurn, Landhaus, Fr, 20. Januar 2023, 12.15 Uhr, und Capitol, So, 22. Januar 2023, 14.45 Uhr.