Das Steinkohlebergwerk von Ibben­büren in Nordrhein-Westfalen war Deutschlands letzte Untertagemine. Im August 2018 wurde es im Rahmen des von der Regierung Merkel beschlossenen Kohleausstiegs endgültig geschlossen. Die Regisseure Christian Johannes Koch und Jonas Matauschek haben fünf der letzten hier noch arbeitenden Bergleute zwischen 2018 und 2022 begleitet. In den ersten vierzig Minuten zeigt ihr Film die harte Arbeit in der Mine – erst dann erscheint der Titel: «Wir waren Kumpel».

Zwischen 18 und 42 Jahre ihres Arbeitslebens haben die Männer hier verbracht. Wobei die Geschlechtsbezeichnung nicht korrekt ist, denn eine der fünf Personen lebt seit 2015 als trans Frau. Wie selbstverständlich und vorurteilsfrei die vier anderen mit ihr umgehen, gehört zu den eindrücklichsten Szenen im Film. Das Gleiche gilt auch für ihr Verhalten gegenüber dem Tamilen Kirishantan Nadarajah, von seinen Kumpeln «Kiri» genannt. Der Vater von zwei Kindern lebt seit 21 Jahren in Deutschland und reflektiert immer wieder über sein Leben zwischen den Kulturen – und dass man ihn gegen Ende des Films in seinem neuen Job als Sprachlehrer für tamilische Kinder sieht, ist eine unaufgeregte Erfolgsgeschichte. Neben dem Gender- und dem Migrationsthema streift der Film auch gleich noch die Klimakrise, denn einer der Bergleute hat eine Tochter, die sich bei Fridays for Future engagiert – und nachdem er anfangs noch gegen sie stichelt, schafft es die junge Frau, ihren Vater vom Sinn ihres Aktivismus zu überzeugen.

Dass all das in einem Film über fünf ehemalige Bergleute seinen Platz findet, ohne dass dieser je den Fokus verliert, gehört zu den grossen Qualitäten von «Wir waren Kumpel». Der Schweizer Regisseur Christian Johannes Koch kommt vom Spielfilm («Spagat»), sein deutscher Kollege Jonas Matauschek hat sich mit einem kurzen Dokumentarfilm über ein Chemiewerk in Ostdeutschland («Leuna», 2014) einen Namen gemacht. Die unterschiedlichen Hintergründe der beiden Regisseure ergänzen sich ideal. 

Geri Krebs

«Wir waren Kumpel». Regie: Christian Johannes Koch und Jonas Matauschek. In: Solothurn, Konzertsaal, Do, 18. Januar 2024, 20.30 Uhr, und Landhaus, Di, 23. Januar 2024, 12 Uhr. Ab 11. April 2024 im Kino.