Alba-Fest: Offiziell diskriminiert

Das Urteil fiel wie erwartet aus: Das Zürcher Verwaltungsgericht stuft den damaligen Entscheid von SP-Regierungsrätin Jacqueline Fehr, dem Alba-Fest 2021 die Bewilligung zu entziehen, als diskriminierend ein. Fehr veröffentlichte das Urteil am Montag – warum auch immer – auf Linkedin und schrieb dazu: «Niemand verliert gern vor Gericht. Auch ich nicht.» Für die leistungsverliebte Horrorplattform, die nur Gewinner:innen kennt, mögen diese Sätze gut zugeschnitten sein. Vielleicht passen sie auch als Abschluss dieser unrühmlichen Geschichte.

Es ist bald drei Jahre her, die Schweiz steckte in ihrem zweiten Pandemieherbst. Trotz hoher Fallzahlen wurden im ganzen Land wieder Anlässe abgehalten – unter Einhaltung der 3G-Regeln, mit Schutzkonzepten. Doch in Zürich, wo in den gleichen Wochen die Pride stattfinden und sich Tausende Fussball- und Leichtathletikfans im Letzigrund treffen würden, entzog Jacqueline Fehr einem einzigen Grossanlass zwei Tage vor der Durchführung die Bewilligung: dem Alba-Fest, an dem albanische Künstler:innen vor 20 000 Be­su­cher:in­nen auf der Zürcher Hardturmbrache aufgetreten wären.

Der Beschluss wurde mit einer Reihe denkwürdiger Sätze begründet, etwa, dass sich das Festival an eine «stark betroffene Community» richte und sich Ferienrückkehrer:innen «aus dem Balkan» überdurchschnittlich oft mit dem Coronavirus infiziert hätten. Die Empörung war zu Recht gross, die rassistische Vorverurteilung einer ganzen Bevölkerungsgruppe wurde scharf kritisiert. 2022 rügte die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus den Regierungsrat. Und nun beurteilte auch das Zürcher Verwaltungsgericht den Entscheid als klaren Verstoss gegen Artikel 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Die Zürcher Justizdirektion habe sich zu einem grösseren Teil «auf Anekdoten, Mutmassungen und Vermutungen» gestützt, etwa was die vermeintlich tiefere Impfquote der albanischen Community betreffe, heisst es im Urteil. Der Staat müsse sich für diskriminierende Massnahmen rechtfertigen – und zwar gestützt auf Beweise, nicht Mutmassungen. Sonst bestehe die Gefahr, dass eine Personengruppe «systematischen Benachteiligungen ausgesetzt oder gar zum Sündenbock für ein Problem gemacht werden könnte, das die gesamte Gesellschaft betrifft». Ausser dass das Justizdepartement die Kosten für das Gerichtsverfahren tragen muss, hat das Urteil über die Feststellung hinaus keine Konsequenzen. Fehr schrieb wolkig: Sie sei froh darüber, es sei gut zu wissen, dass das Verwaltungsgericht bei «Fragen der Diskriminierung» einen «strengen Massstab» anlege.

Na ja. Abgesehen davon, dass es auch ein bisschen lustig ist, dass ausgerechnet die Justizdirektorin erleichtert darüber ist, dass die Justiz funktioniert, hätte man das Urteil statt als servilen Verweis auf die vermeintliche Strenge der richterlichen Autorität auch einfach als Anlass für eine Überprüfung der eigenen Massstäbe nehmen können. Aber vielleicht passt das nicht auf Linkedin.