Literatur: Nicht alles Gold

Ihre Bücher sind schmal, die Titel, die sie tragen, so lapidar wie umfassend. «Assembly» hiess das gefeierte Debüt der britischen Erzählerin Natasha Brown, auf Deutsch etwas schief als «Zusammenkunft» (2023) übersetzt. «Universality» heisst jetzt ihr zweiter Roman, auf Deutsch ist er noch vor dem englischen Original unter dem Titel «Von allgemeiner Gültigkeit» erschienen.
Der Erstling war eine bestechende Studie über den Preis eines sozialen Aufstiegs in einer rassistischen Gesellschaft: Wie verlaufen die unsichtbaren Schwellen, an denen du immer auflaufen wirst, weil du Schwarz bist? Wo «Zusammenkunft» von einer reduzierten, manchmal fast experimentell zerfasernden Prosa lebte, kommt der neue Roman griffiger daher. Gebaut ist er wie ein Reigen, wobei sich vermeintliche Gewissheiten laufend verschieben.
Erste Station ist das Feature einer jungen Journalistin über die Hintergründe einer Bluttat in einer aktivistischen Kommune. Tatwaffe: ein Goldbarren. Weiter treten auf: der Besitzer des Goldbarrens, ein neureicher Banker, der sich dagegen wehrt, wie ihn die Reporterin in ihrer Story dargestellt hat; oder auch eine klickgeile Kolumnistin, die sich opportunistisch durch Kulturkämpfe manövriert, die sie fleissig befeuert. (Ähnlichkeiten mit real existierenden hiesigen Exemplaren rein zufällig, aber nicht von der Hand zu weisen.)
Klar erweist sich jede Figur in diesem satirischen Reigen als komplexer und widersprüchlicher, als ihre sozialen Marker vermuten liessen. Und wo Brown die Ökonomie der Medien und deren Bewirtschaftung von Ressentiments in den Blick nimmt, ist das scharf beobachtet. Doch letztlich bleibt das etwas durchsichtig gewissen Fronten des Zeitgeists entlanggeschrieben: Diversität und antiwoker Backlash, unter anderem.
Die Journalistin, deren überlanges Feature das erste Drittel des Buchs ausmacht, verspricht darin eine «moderne Parabel». Soll wohl auch für den ganzen Roman gelten, der sich aber in einer Abrechnung mit dem Zynismus in einer kaputten Medienbranche erschöpft.
Natasha Brown liest in: Zürich Kaufleuten, Mo, 19. Mai 2025, 20 Uhr.