Auf allen Kanälen: Gegen den Ausverkauf

Nr. 51 –

Der mögliche Verkauf von «La Repubblica» und «La Stampa» hat in Italien Schockwellen ausgelöst. Redaktionen streiken, Politiker:innen warnen vor dem Ende journalistischer Vielfalt.

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stilisiertes Logo der Zeitung «la Repubblica»

Am Freitag reagierte auch die Tageszeitung «La Repubblica»: Mit tiefem Entsetzen, schrieb die Belegschaft, habe man die Ankündigung der Eigentümer:innen aufgenommen, «das zu verschleudern, was vom Verlagshaus noch übrig ist, nachdem es über die vergangenen Jahre vom derzeitigen Herausgeber John Elkann Stück für Stück zerlegt wurde». Man sei bereit für einen harten Arbeitskampf, um die Identität der Zeitung und die eigenen Rechte zu verteidigen. Daraufhin legte die Redaktion für 24 Stunden die Arbeit nieder. Die Belegschaft von «La Stampa», streikte bereits am Donnerstag.

Beide Zeitungen gehören zur Gedi Group, die sich im Besitz der legendären Fiat-Familie Agnelli befindet. Vergangene Woche wurde bekannt, dass die Agnellis mit der griechischen Antenna Group über den Verkauf der Gedi Group verhandeln, zu der auch mehrere Radiosender gehören. Damit würde sich die Turiner Industriellenfamilie nach fast hundert Jahren von ihrer Traditionszeitung «La Stampa» trennen – und zugleich von der 2019 gekauften «La Repubblica». Zwei zentrale Organe des italienischen Journalismus stehen damit vor einer ungewissen Zukunft.

Keinerlei Garantien

Auch wenn Details des möglichen Deals bislang offen sind, löste die Nachricht in Italien Schockwellen aus. Die Rede ist von Risiken für die journalistische Unabhängigkeit, Gefahren für die Demokratie und wachsendem ausländischem Einfluss auf italienische Medien. Besonders gross sind die Sorgen links der Mitte, da beide Zeitungen bislang linksliberal positioniert waren. Elly Schlein, Vorsitzende der sozialdemokratischen Oppositionspartei Partito Democratico, warnte gegenüber Reuters vor einer weiteren Schwächung oder gar Zerschlagung einer tragenden Säule des italienischen Journalismus. Nach Jahren falscher finanzieller Entscheidungen stehe nun ein Verkauf an eine ausländische Gruppe an, die keinerlei Garantien für Arbeitsplätze, Qualität oder publizistische Vielfalt biete.

Die Bedenken sind begründet. Sie richten sich vor allem gegen den Antenna-Konzern, der zahlreiche Medientitel in Griechenland sowie in mehreren Balkanländern hält, darunter Slowenien, Serbien, Montenegro und Rumänien. Geführt wird er von Theodore M. Kyriakou. Der Unternehmer entstammt einer einflussreichen Reederfamilie und steht der konservativen Regierung Griechenlands nahe. Hinzu kommt, dass die Übernahme laut Medienberichten teilweise mit Mitteln aus dem saudischen Staatsfonds finanziert werden soll, der dem Kronprinzen Muhammad Bin Salman untersteht – jenem Mann, der 2018 mutmasslich die Ermordung des regimekritischen Journalisten Jamal Khashoggi anordnete.

Was macht Meloni?

Rechtlich fiele ein Verkauf unter Italiens sogenannte Golden-Power-Gesetzgebung. Sie erlaubt es der Regierung, Übernahmen strategischer Vermögenswerte – darunter fallen nebst Sektoren wie Verteidigung oder kritische Infrastrukturen auch Medienunternehmen – zu prüfen, mit Auflagen zu versehen oder gar zu blockieren. Hinweise darauf, dass Ministerpräsidentin Giorgia Meloni dieses Instrument im Fall von «La Repubblica» und «La Stampa» einsetzen will, gibt es bislang allerdings nicht. Beide Zeitungen berichten ausgesprochen kritisch über ihre Regierung.

Seit Melonis Amtsantritt hat ihre neofaschistische Regierung den Einfluss auf das staatliche Fernsehen und Radio der Rai deutlich ausgeweitet und die programmatische Stossrichtung spürbar nach rechts verschoben. Politische Einflussnahme auf die Rai ist zwar ein strukturelles Problem, das Italien seit Jahrzehnten begleitet, doch das heutige Ausmass scheint beispiellos. Journalist:innenverbände berichten von wachsendem Druck, stärkerer Kontrolle und einer Verschiebung von Sendezeiten zugunsten der Regierungsparteien. Nachdem Meloni zentrale Führungspositionen neu besetzen liess, haben mehrere bekannte Journalist:innen und Moderator:innen die Rai verlassen oder wurden abgesetzt. Kritische Themen, etwa Migration, werden laut Expert:innen seltener oder entschärft behandelt. In Italien ist längst von «Telemeloni» die Rede.

Mit «La Repubblica» und «La Stampa» drohen nun zwei weitere unabhängige Stimmen zu verstummen. Mit ihrem Verkauf steht viel auf dem Spiel.