Julia Klöckner: Was für eine Fehlbesetzung
Sie ist erst wenige Wochen im Amt – und jetzt schon das: «Ist Julia Klöckner ihrer neuen, überparteilichen Rolle als Bundestagspräsidentin nicht gewachsen?», fragte die Tageszeitung «Welt» vor zwei Tagen – und diese Frage kann nur ein Medium formulieren, das wie Klöckner aus dem konservativen Milieu kommt.
Die langjährige Spitzenpolitikerin ist in ihrer Karriere bisher eher mit Rhetorik als mit politischen Erfolgen aufgefallen. Etwa im vergangenen Bundestagswahlkampf, als sie auf Instagram die CDU-Appeasementpolitik gegenüber Rechtsaussen in Worte fasste: «Für das, was ihr wollt, müsst ihr nicht die AfD wählen. Dafür gibt es eine demokratische Alternative: die CDU.»
Trotz erheblicher Bedenken bezüglich ihrer Qualifikation – auch parteiintern wurde dies diskutiert – belohnte Bundeskanzler Friedrich Merz ihre Loyalität mit dem Job als Bundestagspräsidentin. Ende März wurde sie dann gewählt. Kurze Auflistung ihrer Fehltritte in ihrer bisherigen Amtszeit:
- Im April befand Klöckner, Kirchen würden sich zu sehr politisch einmischen und seien «austauschbare NGOs». «Dafür zahle ich keine Kirchensteuer», befand die Frau, die protokollarisch immerhin das zweithöchste Amt im Staate bekleidet.
- Es folgte ein geteilter Screenshot auf Instagram, dazu der Satz «Die Mehrheit sieht es anders! Merz macht Dunja Hayali (ZDF) fertig». In einem Interview hatten sich der Kanzler und die Journalistin ein Wortgefecht zu Migrationsfragen geliefert.
- Gestern Mittwoch warf Klöckner die Linken-Abgeordnete Cansin Köktürk aus dem Plenarsaal, weil sie ein T-Shirt mit der Aufschrift «Palestine» trug. Politische Bekenntnisse auf Kleidungsstücken seien im Plenum grundsätzlich nicht erlaubt, erläuterte Klöckner die Zurechtweisung.
- Bereits zuvor hatte Klöckner Jette Nietzard, Vorsitzende der Grünen Jugend, damit gedroht, ihr den Hausausweis zu entziehen. Nietzard hatte auf Instagram ein Foto von sich gepostet, auf dem sie ein Oberteil trug, auf dem die Buchstaben ACAB zu lesen waren. Das Akronym steht für «All Cops Are Bastards» (ungefähr: «Alle Bullen sind Schweine»). Auch Köktürks Fraktionskollege Marcel Bauer musste wegen seiner Baskenmütze den Plenarsaal verlassen.
Nun kann man zu Kleiderordungen in Parlamenten verschiedene Sichtweisen haben. Aber ob Chucks, Röhrenjeans oder Kopfbedeckungen bei solchen Anlässen im Kleiderschrank bleiben sollten, ist im Bundestag nicht reglementiert – es gibt schlicht keine offizielle Kleiderordnung.
Klar ist hingegen: Julia Klöckner gebärdet sich eher wie Heidi Klum in «Germany’s Next Topmodel» als wie eine Bundestagspräsidentin.