Film: Bomben gegen den Kapitalismus

Nr. 39 –

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Filmstill aus «One Battle after Another»: ein Mann mit einem Gewehr
«One Battle after Another». Regie und Drehbuch: Paul Thomas Anderson. USA 2025. Jetzt im Kino.

Gegen Ende rasen drei Autos auf einem Highway durch die Wüste, in einer langen Actionsequenz für die Filmgeschichtsbücher. Es staubt und dröhnt, die dynamischen Bilder von Kameramann Michael Bauman knistern im verführerisch analogen 35-Millimeter-­Vista-Vision-Format. Sobald sich eins der Autos einer Erhöhung auf der welligen Strasse nähert, klebt die Kamera an der Stossstange: Was wartet hinter der Kuppe?

Es ist diese Spannung der Unübersichtlichkeit, mit der Paul Thomas Anderson am Ende seiner fast dreistündigen Tour de Force meisterlich spielt. Zugleich giesst er damit den Modus seines Films in Bilder: «One Battle after Another» ist eine erstaunlich kurzweilige, zwischen Genres, Themen und Stimmungen frei drehende Achterbahnfahrt, bei der man nie weiss, was als Nächstes kommt. Nach «Inherent Vice» hat Anderson erneut einen Roman von Thomas Pynchon adaptiert, wobei sein neuer Film nur lose auf «Vineland» basiert.

Als Teil einer aktivistischen Gruppe kämpfen Bob «Ghetto Pat» (Leonardo DiCaprio) und Perfidia (Teyana Taylor) an vielen Fronten: Sie befreien Immigrant:innen aus US-Lagern an der mexikanischen Grenze und kämpfen mit Bomben gegen den Kapitalismus. Dann bekommen die beiden eine Tochter, denn Sex und Revolution gehören bei ihnen zusammen. Gejagt werden sie vom US-Militärgeneral Steven Lockjaw (Sean Penn), einem rechten Hund. Die Ereignisse überschlagen sich, der Film springt sechzehn Jahre in die Zukunft. Bob lebt jetzt als dauerkiffender «The Dude»-Wiedergänger mit der Tochter zusammen, bis es wieder eskaliert.

Mit seinem unfassbar gut aufgelegten Ensemble brennt Anderson herrlich-exzentrische Figuren auf die Leinwand und erzählt neben der Vater-Tochter-Story von Solidarität an den Rändern der Institutionen, von Alt-Right-Bünden, die im Dunkeln operieren – und von Revolution. «The revolution will not be televised», heisst es einmal in diesem Film, der auch ohne direkte Bezüge sehr aktuell ist: In dem Überschwang, den er zelebriert, rebelliert er seinerseits gegen geschlossene Systeme und Stillstand.