Leser:innenbriefe
Nur kurze Notiz wert
«Zohran Mamdani: Das New Yorker Experiment», WOZ Nr. 44/25, und «Was weiter geschah: Mamdani triumphiert», WOZ Nr. 45/25
Anfang November wurde in diversen US-Bundesstaaten gewählt. Der erste grosse Stimmungstest in Trumps zweiter Amtszeit fiel verheerend für ihn aus – die Wut über seinen Autoritarismus und seine Wirtschafts- und Sozialpolitik entlud sich in erdrutschartigen Wahlsiegen der Demokratischen Partei. Hunderte progressive Abgeordnete, Richter:innen, Bürgermeister:innen, Mitglieder von Schulbehörden etc. wurden gewählt, zudem haben Progressive wichtige Volksabstimmungen in Maine, Colorado und Kalifornien für sich entschieden.
Der WOZ war das leider nur eine kurze Notiz wert, die Aufmerksamkeit auf den Wahlsieg des Linken Zohran Mamdani in New York verengt. Das ist schade, denn gute Nachrichten müssen unter die Leute kommen! Es war eben nicht ein Sieg eines Parteiflügels, sondern eine flächendeckende Absage an Trump.
Toni Menninger, Bern
Geklopft, nicht geknetet
«Film: Emanzipation mit Toast Hawaii», WOZ Nr. 47/25
Die Idee zur Kunstfigur Betty Bossi hatte Frau Creola ganz sicher nicht beim Kneten des Knöpfliteigs. Dieser wird nämlich, wie man immer noch auf bettybossi.ch herausfinden kann, nicht geknetet, sondern geklopft.
Matthias Botzen, per E-Mail
Auch behinderte Eltern
«Inklusion: Lustig oder total daneben?», WOZ Nr. 46/25
Erst einmal habe ich mich über den Einseiter zum Thema Inklusion gefreut, dann aber geschluckt, als die Perspektive der Autorin klar war: Nichtbehinderte Eltern behinderter Kinder. Der Artikel beginnt informiert und empathisch, um im letzten Drittel einen schmerzlichen Turn zu nehmen. Er versucht, missbräuchliches Verhalten verständlicherweise überforderter Eltern zu legitimieren, statt Politik, Wirtschaft und Gesellschaft nicht nur in einem Nebensatz in die Pflicht zu nehmen. Dass sich der Hauptappell der Autorin an die behinderte Community richtet, welche Eltern behinderter Kinder ausschlösse, statt auf die Bekämpfung des dominanten Ausschlussmechanismus Ableismus zu fokussieren und die eigene Position und Rolle als nichtbehinderte Eltern darin machtkritisch zu überdenken, ist sprechend. Mit keinem Wort erwähnt: Es gibt auch behinderte Eltern. Vielleicht kommt deren Perspektive in dem Podcast dann ja mal vor.
Rosen Ferreira, per E-Mail
Antwerpen ist belgisch
«Gott ist ausgezogen (9): ‹The Jane›, Antwerpen, Niederlande», WOZ Nr. 48/25
Die Fotoserie von Theodor Barth ist wirklich sehenswert, und ich verfolge Woche für Woche gespannt, wo Gott nun schon wieder ausgezogen ist und wer seinen Platz eingenommen hat. Auffällig ist in der Tat der Exodus von Gott in den Niederlanden. Aber das rechtfertigt nicht, dass die WOZ die schöne, wohl flämische, aber belgische Stadt Antwerpen dem nördlichen Nachbarn einverleibt.
Thomas Kram, per E-Mail
Die Fotoserie ist toll! Diese Woche ist es «The Jane» Antwerpen. Antwerpen liegt aber in Belgien und nicht in den Niederlanden. Vor einigen Wochen kam eine Kirche in Mechelen dran, und auch Mechelen liegt in Belgien und nicht in den Niederlanden!
Bea Decoster, per E-Mail
Um eine Illusion ärmer
«Im Réduit-Staat: Gegen die Zivilbevölkerung», WOZ Nr. 47/25
Als ich Rekrut war, pflaumte mich einmal eine deutsche Dame an: «Was glauben Sie denn zu verteidigen? Doch nur die Banken!» Ich fand das damals etwas übertrieben, muss ihr aber nachträglich recht geben. Eine Tante in Kreuzlingen erzählte uns, wie 1940 ein richtiger Exodus von Limousinen (nur reiche Leute hatten ein Auto) Richtung Innerschweiz fuhr, wo manche ein Ferienhaus besassen. Die wären wohl von der Armee nicht aufgehalten worden. Und nun ist man nach der Lektüre über den Réduit-Staat wieder um eine Illusion ärmer.
Zur Stimmung in der Bevölkerung und zur Kriegspropaganda 1939–1945 hat übrigens der Lausanner Historiker André Lasserre eine immer noch lesenswerte Studie geschrieben: «La Suisse des années sombres».
Max Hilfiker, per E-Mail