Wichtig zu wissen: Feuz, Relotius und Buttigieg

Nr. 4 –

Ruedi Widmer über klangvolle Namen

Warren, Biden, Sanders, Buttigieg. Die US-Demokraten denken an die Zeit nach Trump. Einer mit dem Namen Pete Buttigieg ist doch kein US-Präsident! Doch falls der Mann aus Indiana gewählt würde, wäre dieser seltsame Name plötzlich eine Marke, bei der man sich gar nichts anderes als einen US-Präsidenten mehr vorstellen könnte. Der Name Barack Obama war bei mir zuerst «Mubarak» und «Osama», bevor er zur Eigenständigkeit heranreifte. Donald Trump ist leider Gottes ein wahnsinnig guter US-Präsidentenname, wie Ronald Reagan, John F. Kennedy oder Dwight Eisenhower. Eher weniger US-präsidentig waren die Namen Gerald Ford (ein Automogul), Jimmy Carter (ein Jazzsaxofonist), Bill Clinton (ein Funkmusiker), Lyndon B. Johnson (irgendein Nobelpreisträger Chemie), selbst Nixon war eher eine Fotokamera oder ein Hersteller von Geldautomaten (Nixdorf) oder Kopierapparaten (Xerox). George W. Bush ist völlig vergessen (eine grosse Leistung der Republikaner).

Als ich kürzlich mit meiner Frau am Tisch über den Journalismushochstapler Claas Relotius sprach, meinte der jüngere Sohn: «Relotius, warum sagt ihr immer Relotius? Was ist das?»

Eine gute Frage.

Relotius ist vieles, aber ganz sicher kein Journalistenname. Relotius könnte ein römischer Kaiser sein, ein Statthalter in Syrien, ein Papst, ein Astronom aus dem 17. Jahrhundert, ein Fussballer mit der Nummer 10 («Und jetzt Relotius … Relotius … Claas Relotius … Tooor! 1 : 0 für Deutschland!»), ein Klostergartenkräutermönch, wegen dem heute «Relotius Tinktur» in der Drogerie verkauft wird (gleich neben dem Relotiusöl), oder ein schweres, träges Tier an afrikanischen Wasserläufen, mit schuppiger grauer Haut, oder ein Formel-1-Rennstall von früher («Ayrton Senna auf dem Relotius John Player Special»), gar ein Auto («Ford Relotius Kombi»), ein Philosoph («Schon Relotius hat gesagt …»), ein Wahrsager («gemäss der Prophezeiung von Relotius geht die Welt am 23. August 2023 unter …»), und zwar von Pontius bis Relotius, einem Aussichtsberg in der Zentralschweiz mit der steilsten Zahnradbahn.

Aber ein Journalistenname wird das für mich nie sein, für meinen Sohn nun vielleicht schon.

Im Kindesalter verfestigen sich Name und Tätigkeit im Gehirn zu einer Einheit; besonders, wenn man Sportfernsehen gesehen hat. Der Name Doris De Agostini zum Beispiel ist für mich noch heute ein Synonym für «schnell», die rot gewandete Schweizer Skiabfahrerin mit einem Namen, der auch eine italienische Sportwagenmarke sein könnte (die ich wiederum aus einem Quartettspiel kannte, De Tomaso, DeLorean). Lauda, Klammer, Breu oder Botteron, da schwingt die Sportart mit (als Kind stellte ich allerdings auch eine Verbindung her zwischen René Botteron und Fribourg-Gottéron). Albert Zweifel und Peter Frischknecht (Radquer) sind bei mir fest verdrahtet mit Zweifel-Pommes-Chips und ihrer Frischegarantie. Kurt Felix oder Bernhard Russi – ikonische Begriffe, die das ganze Gefühl eines Zeitalters verkörpern. Dabei könnte der Gemeindearbeiter an Ihrem Wohnort Kurt Felix heissen, und niemanden würde das beschäftigen. Und dass man im Kalten Krieg in der Schweiz der Kommunistenjäger «Russi» heissen durfte, grenzt an ein Wunder.

Für Spätergeborene ist das natürlich nicht nachvollziehbar. Vielleicht sind das für Letztere heute Thunberg, Yule, Feuz (meines Erachtens der Breu von heute) und Federer (für mich eher ein Federball- als ein Tennisname).

Für noch Ältere als ich sind die beiden Namen Kübler und Koblet tief mit der Tour de France verbunden. Für mich hingegen ist Kübler eine Heizölfirma in der Nähe meines Wohnorts als Kind, und Koblet steht irgendwo zwischen Koblenz, Kotelett und Tablet; oder etwas Hebräisches könnte auch noch so heissen, ein Gebetstuch, ein Gewand, eine Schrift.

Ruedi Widmer klingt überhaupt nicht nach einem Cartoonisten, er könnte eher ein Anbieter von Kosmetikprodukten sein.