Transparenzgesetz: Ein Lobbylehrstück

Kein anderer Berufsstand ist im Parlament zahlreicher vertreten als die Anwält:innen. Entsprechend stark setzt sich die Branche für die eigenen Interessen ein. Kurz vor Weihnachten etwa folgte der Nationalrat dem Ständerat und hob das Verbot der Rechtsberatung von russischen Oligarchen und Unternehmen auf – und setzte sich damit über eine in der EU weiterhin bestehende Sanktion hinweg. Die entsprechende Motion stammte vom Walliser Mitte-Ständerat – und Anwalt – Beat Rieder.

Während dieser Entscheid für einigen medialen Wirbel und auch Kritik sorgte, blieb ein anderes Geschäft, das anwaltliche Tätigkeiten betrifft, bisher unter dem Radar der öffentlichen Wahrnehmung: das Transparenzgesetz zur Bekämpfung von Geldwäscherei. Letzten Mai legte der Bundesrat die entsprechende Botschaft vor. Sie sah einerseits ein nichtöffentliches Register von wirtschaftlich berechtigten Personen vor sowie – endlich – Sorgfaltspflichten für risikobehaftete Tätigkeiten in Rechtsberufen; eine Vorlage, die bereits 2021 erstmals ins Parlament gekommen und damals von der Anwaltslobby abgeschmettert worden war. Doch der internationale Druck ist gross, selbst Länder mit berüchtigten Finanzplätzen wie Luxemburg, Singapur oder Grossbritannien wenden mittlerweile ein griffiges Transparenzgesetz an, die Schweiz steht immer tiefer in der Schmuddelecke.

Davon liess sich der Ständerat in der letzten Session allerdings nicht beeindrucken. Er setzte einerseits durch, dass die Frage der Sorgfaltspflicht separat und zu einem späteren Zeitpunkt behandelt wird. Auf der anderen Seite beschloss er, Stiftungen, Vereine und Treuhänder:innen vom Registereintrag auszunehmen und somit riesige Schlupflöcher zu schaffen. Vor allem aber schaffte er es, angeführt vom Innerrhoder Mitte-Ständerat – und Anwalt – Daniel Fässler, die Verantwortung für die Richtigkeit der Einträge von den Finanzintermediären – Anwält:innen, Notar:innen, Treuhänder:innen und Banker:innen – fernzuhalten und den Behörden aufzuhalsen.

Das neue Transparenzgesetz droht damit schlechter zu werden als das bestehende, das international stark in der Kritik steht. Nun geht das Geschäft in den Nationalrat. Dessen Rechtskommission hat letzten Freitag entschieden, dem Ständerat folgen zu wollen.