Theater: Trans Italia
Vater und Sohn sitzen im Auto und donnern auf der Autostrada nach Italien, wo sie Verwandte im Heimatdorf besuchen. Aldo, der Vater, ist bestgelaunt, fachsimpelt über die Fiat-Fabriken zu ihrer Linken und lacht warmherzig über einen seiner Dad Jokes, den Matteo nicht versteht. Matteo sitzt gedankenverloren auf dem Beifahrersitz, sein Blick hellt sich auf, als er die Namen von Transportunternehmen liest: «Trans Italia, Mega Trans, Super Trans». Jetzt muss er lachen. Nur diesmal versteht der Vater das Wortspiel nicht.
Kay Matter hat ein dreiteiliges Stück geschrieben, dessen erster Teil «Stützliwösch supertrans uno» vor kurzem am Schauspielhaus Zürich Premiere hatte, inszeniert von Dennis Nolden. «Stützliwösch» ist berührend, klug und witzig, erzählt von einer Vater-Sohn-Beziehung und ihren Unzulänglichkeiten, zeigt mit der nötigen Drastik, was Matteos Transition in ihrer ganzen, oft auch schmerzhaften Tragweite bedeutet. Matteo, virtuos gespielt von Lev Friedmann, trägt seit neun Wochen Testogel, die Pussy tut weh «wegen dem Wachstum da unten», er ist «dauerhorny» und fürchtet, die Familie aus dem Dorf werde sein verändertes Aussehen kommentieren. Und auf Grindr begegnet ihm Transfeindlichkeit: «Sind da nicht Eier??!!», schreibt ihm eine Person auf der Dating-App.
Seinem Vater würde er gerne von alldem erzählen, nur will das mit der Kommunikation nicht so recht gelingen. Aldo, von Peter Knaack als liebenswürdiger Boomerpapa dargestellt, ist begeistert vom gemeinsamen Roadtrip, verliert sich in ausladenden Monologen.
Besonders schön am Stück: Der queere Blick von Matteo ist diesem eingeschrieben. Er hat sexy Flirts etwa mit dem schwulen «Autogrill»-Barista (Nicola Gründel), bei dem er «un fagott alla crema» bestellt. Matteo und der Vater übernachten im Motel, das sich als Stundenhotel herausstellt, die Raststätte ein typischer Cruising-Ort. Diese zwei Spuren, der heteronormative Blick des Vaters und die queere Welt des Sohnes, treffen aufeinander, bringen manchmal eine Kluft und manchmal Komik hervor, und man will unbedingt wissen, wie es weitergeht.
«Stützliwösch supertrans» in: Zürich Schauspielhaus. Erster Teil: Fr, 7., und Mo, 10. November 2025; zweiter Teil: Premiere am Sa, 22. November 2025; dritter Teil: Premiere am Sa, 31. Januar 2026. www.schauspielhaus.ch