Shoppingrausch der Petromonarchie
Gute Nachrichten für Fans der Saudi Pro League, des höchsten Fussballwettbewerbs im Königreich Saudi-Arabien: Neymar wird künftig für den saudischen Klub Al-Hilal auf Torjagd gehen. Paris St. Germain, bisheriger Verein des brasilianischen Weltstars, soll dafür neunzig Millionen Franken Ablöse kassieren. Neymar selbst wird angeblich mindestens hundert Millionen Franken verdienen – pro Jahr wohlgemerkt, also genug, um ihn darüber hinwegzutrösten, dass man Leute, die der dortige Ligaspielbetrieb ernsthaft interessiert, mit der Lupe suchen muss. Zumindest noch.
Unmengen Petrodollars fliessen in den Profisport – übrigens nicht nur in den Fussball: Auch im Golf versuchte der saudische Staatsfonds, der PGA Tour das Wasser abzugraben, indem er eine eigene Wettkampfserie lancierte. Der Fonds, den der Kronprinz Muhammad Bin Salman präsidiert, hat diesen Sommer aber vor allem mit einer irrwitzigen Einkaufstour im Fussball Schlagzeilen gemacht: So folgten neben Karim Benzema etwa Sadio Mané, N’Golo Kanté oder Sergej Milinković-Savić – also keineswegs nur Altstars – dem Portugiesen Cristiano Ronaldo, der schon im Winter auf die Arabische Halbinsel gewechselt war.
Ein Grund für diesen Shoppingrausch dürfte die Winterweltmeisterschaft in Katar sein: Zumindest aus Sicht des Veranstalters war diese ein voller Erfolg, wodurch sich nun auch Saudi-Arabien ermutigt fühlen dürfte, tiefer in die Taschen zu greifen. So träumen die dortigen Eliten schon davon, die WM 2034 auszurichten – den Zuschlag für die Asiatischen Winter-(!)Spiele 2029 hat man bereits in der Tasche.
Kritiker:innen sprechen derweil von «Sportswashing», also dem Versuch, von den Missständen in dem Land (Wahlen? Pressefreiheit?) abzulenken. Die von Bin Salman angestrebte Modernisierung beschränkt sich entsprechend auf die ökonomische Erneuerung: Durch Investitionen in Sport und Kultur sollen Tourist:innen und Investor:innen angelockt werden, um so die Wirtschaft der Ölmonarchie zu diversifizieren.
Für den Fussball in Europa heisst das: War bislang die englische Premier League (natürlich auch dank jeder Menge Petrodollars) finanziell das Mass der Dinge, ist man nun dort selbst Empfänger von Transferzahlungen. Für den europäischen Verband Uefa ist das insofern ein Problem, als jeder klangvolle Name, der wegwechselt, den Marktwert des eigenen Produkts mindert, auch wenn die Saudi Pro League noch weit davon entfernt ist, eine ernsthafte Konkurrenz darzustellen.
Tatsächlich kann man eine fortschreitende Globalisierung des Fussballs feststellen, zumindest bekommt man neuerdings auf Social Media die jüngsten Glanzstücke Ronaldos im Nahen Osten (oder Lionel Messis, nur eben in den USA) in die Timeline gespült. Mittelfristig dürfte all das den Trend der vergangenen Jahre verstärken: Dort, wo es die Investoren wollen, werden die Stars spielen, anderswo schaut man dagegen in die Röhre. Sofern man sich jedenfalls vom grösstmöglichen Spektakel blenden lassen will.