SRF: Blind für Talente
Gerade machten sie noch einen Podcast aus einer Garage, jetzt werden sie bald über die Bildschirme der Nation flimmern: Yoldaş Gündoğdu und Serhat Koca vom Schweizer Podcast «kurds und bündig» gaben Anfang Woche bekannt, dass sie eine eigene Sendung bei ProSieben Schweiz bekommen. Demnächst wird sie montags zur Primetime auf dem Sender ausgestrahlt werden, zusätzlich läuft sie auf Youtube und dem Streaminganbieter Joyn.
Das Konzept für «Kurds im Ohr» haben Gündoğdu und Koca selbst geschrieben: Einer von beiden läuft mit einem In-Ear draussen herum, der andere gibt Anweisungen. So klassisch das Konzept, so ungewöhnlich die Protagonisten. Dass zwei junge Schweizer mit Migrationshintergund eine eigene Sendung bei einem so renommierten Unterhaltungskanal erhalten, ist ein Coup.
Entsprechend drängt sich die Frage auf: Wie konnte SRF die beiden verschlafen?
Das Steckenpferd von Gündoğdu und Koca ist Comedy. Seit zwei Jahren überzeugen sie in ihrem Podcast, der mittlerweile über 10 000 Hörer:innen pro Woche erreicht. Gündoğdu arbeitet bei SRF als Produzent, übersehen hat man ihn dort also wohl kaum. Trotzdem setzt man auf Stefan Büsser, der am 11. Februar die neue Late-Night-Show «Late Night Switzerland» lancieren wird. Im Rennen um die Nachfolge von Dominic Deville standen damals – wir erinnern uns – ausschliesslich weisse Schweizer Männer.
Dass das Schweizer Fernsehen Talente verschläft, ist nicht neu. Es dauerte zehn Jahre, bis Gülsha Adilji (die 2013 im Jugendsender Joiz durchstartete) eine Sendung bekam – im Herbst 2023 moderierte sie die erste Staffel der Dating-Show «Deep Dating» mit Paartherapeutin Ramona Zenger. Cedric Schild (109 000 Follower:innen auf Instagram), der beim Social-Media-Magazin «Izzy» schweizweit Berühmtheit erlangte, findet man bei SRF nur als Schauspieler: In der Serie «Tschugger» spielt er den Polizeipraktikanten Smetterling.
«SRF, quo vadis?» ist die Frage, die inmitten seltsamer Programmbestrebungen und verzettelter Strategien immer wieder auftaucht. Was feststeht: Bezüglich Diversität und Innovation hat das Unternehmen Einiges nachzuholen.
Kommentare
Kommentar von Igarulo
Fr., 09.02.2024 - 04:31
Nachholen? Könnte sein; aber viele Klicks sind noch kein Garant für Qualität. Im Gegenteil.