Film: Persische Träume in Winnipeg

Der kurioseste iranische Film der Saison kommt aus Winnipeg, Kanada. Da finden zwei Kinder eine Banknote unterm Eis, haben aber leider kein Werkzeug zur Hand, um den Fund freizuschlagen. Ein Tourguide namens Massoud (Pirouz Nemati) führt eine Gästeschar durch die winterliche Stadt, von einer trostlosen Sehenswürdigkeit zur nächsten. Und ein deprimierter Beamter quittiert in Quebec seinen Dienst und macht sich auf, um in Winnipeg seine demenzkranke Mutter zu besuchen.
Gespielt wird dieser Beamte von Matthew Rankin, dem Regisseur des Films. Bekannt geworden ist er mit «The Twentieth Century» (2019), einer flamboyanten Politsatire mit der Patina einer alten Vaudevilleshow. So hyperstilisiert wie sein Erstling ist jetzt auch «Universal Language», und doch ganz anders. Der Humor lakonisch und absurd statt exaltiert, die streng komponierten Bilder so zwanghaft ordentlich wie bei Wes Anderson, aber ohne dessen nervöses Tempo, wie verlangsamt von der eisigen Kälte. Und eben: Gesprochen wird hier meist Farsi, und auch die Schilder sind angeschrieben, als wären wir im Iran.
Was es damit auf sich hat? Nicht viel, eigentlich. Rankin ist einfach ein Fan des iranischen Kinos und hat aus dem Grund auch Farsi gelernt, «in Zeitlupe», wie er sagt, über viele Jahre hinweg. Es ist also quasi ein Orientalismus zweiten Grades, was er hier macht. Hier wird nicht direkt ein fernes Land mit westlichen Fantasien kolonisiert, sondern der Regisseur projiziert seine Faszination für die iranische Kultur auf seine Heimatstadt in Kanada.
Rankin selber nennt den Film eine «autobiografische Halluzination». Die Geschichten, die er erzählt, sind also doch seine eigenen. Ziemlich raffiniert, wie er die verschiedenen, zeitlich versetzten Episoden am Ende zusammenführt. Und auch wenn sein Kniff, Winnipeg zu iranisieren, nicht über alle Zweifel erhaben ist, rührt er damit vielleicht doch an eine universelle Wahrheit migrantischen Lebens: Nicht hier, nicht dort, sondern immer beides zugleich und immer dazwischen.