Datenschutz: «Marsch fürs Läbe» in Erklärungsnot
Für einen Marsch hatte der Verein «Marsch fürs Läbe» dieses Jahr keine Bewilligung erhalten. Stattdessen wollten sich die AbtreibungsgegnerInnen am 19. September im Kongresszentrum Gate 27 in Winterthur versammeln. Doch dann kommunizierte die Stadtpolizei den VeranstalterInnen, dass die Sicherheit aufgrund einer geplanten Gegendemonstration aus linken Kreisen nicht gewährleistet werden könne. Der Freien Evangelischen Gemeinde Winterthur, die das Gate 27 betreibt, wurde es daraufhin zu heiss: Am 4. September lud sie ihre GesinnungsgenossInnen kurzerhand wieder aus.
Die AbtreibungsgegnerInnen sind empört: Der Rechtsstaat schütze sie nicht genügend und kusche vor «Linksradikalen und Gendergruppen», schreiben sie in einer Stellungnahme. Dabei hätten sie der Polizei bereits im Juli eine Liste mit E-Mail-Adressen von Linksextremen übermittelt. Die OrganisatorInnen besitzen die Adressen wegen eines für den Anlass aufgeschalteten Online-Anmeldeformulars. Für die Veranstaltung im Gate 27 hätten sich auch linke StörerInnen registriert, so die Behauptung der AbtreibungsgegnerInnen.
Die Weitergabe der Adressen – deren Erhalt die Stapo bestätigt – bringt die VeranstalterInnen nun aber selbst in Erklärungsnot: «Damit hat der Verein gegen eine Reihe von Datenschutzbestimmungen verstossen», sagt der Grundrechtsjurist Viktor Györffy. «Daten, die über ein Anmeldeformular erhoben wurden, dürfen nicht zweckentfremdet werden. Zudem sehe ich durch die Brandmarkung der Personen als potenzielle Gewalttäter Anzeichen für ein Ehrverletzungsdelikt.»
Gerechtfertigt sei ein solch massiver Bruch des Datenschutzes nur bei einem übergeordneten Interesse, so Györffy, etwa bei klaren Sicherheitsbedenken. «Hier aber gibt es keine Beweise für kriminelle Absichten, die Unterstellungen sind rein spekulativ.»
Offen bleibt auch, wie die Verantwortlichen festgestellt haben wollen, wer überhaupt zu den potenziellen StörerInnen gehört. Auf Anfrage heisst es: Der Verein äussere sich nicht gegenüber der WOZ.