Kost und Logis: Dein Darm wird sich freuen

Nr. 40 –

Bettina Dyttrich testet ein Kochbuch mit hohem Anspruch

Einfach ist es ja nicht mit der gesunden Ernährung. Okay, einiges ist klar: Möglichst kein Weissmehl sollen wir essen, keinen raffinierten Zucker, keine Fertigprodukte mit Zusatzstoffen, wenig Fleisch. Aber darüber hinaus? Ist Schweinefleisch in Massen gesund, wie es die traditionelle chinesische Medizin propagiert? Wie bekömmlich ist Fruchtzucker? Soll ich Kohlenhydrate möglichst vermeiden, oder ist nur Weizen ein Problem? Solche Detailfragen können verunsichern und zur ungesunden Obsession werden – und dahinter lauert auch immer die Drohung: Wenn du krank wirst, bist du selbst schuld!

Trotzdem: Was in der Darmforschung läuft, finde ich faszinierend. In den letzten Jahren wurde immer deutlicher: Der Darm ist das Gesundheitszentrum des Körpers. Fast alles, von chronischen Entzündungen bis Depressionen, lässt sich mit dem Essen beeinflussen, sogar Gene lassen sich aktivieren oder stilllegen. «Jede Mahlzeit liefert eine geballte Ladung biochemischer Informationen», schreibt Laura Koch. Sie hat ein Kochbuch geschrieben, das möglicherweise einen Rekord aufstellt: Die Liste der wissenschaftlichen Referenzliteratur ist sechs Seiten lang.

Der Anspruch des Buches ist auch hoch: Es stellt Rezepte vor, die gemäss aktueller Forschung besonders darmfreundlich, also extra gesund sind. Da fällt schon einmal vieles weg: Weizen, Zucker, Milch (nicht aber besser verdauliche Milchprodukte wie Sauerrahm und Frischkäse), Mais, Tomaten, Kartoffeln, manche Nuss-, Kohl- und Bohnensorten, rotes Fleisch.

Was bleibt da noch übrig? Viel. Zum Zmorge zum Beispiel Haferplätzchen mit Rüebli, Zwiebeln, Walnüssen und diversen Gewürzen – das ist schon einmal viel spannender als Porridge. Zum Zmittag Hirsotto mit Gemüse und Feta? Etwas zu simpel, denke ich zuerst, aber es schmeckt gut. Sehr überzeugend sind die Basisrezepte: Brotaufstriche, Pesto, Dips, Saucen, Getränke. Sie sind simpel – vieles wird einfach zusammenpüriert –, und doch entstehen mit der richtigen Mischung raffinierte Geschmäcker. Der «Swizzle» zum Beispiel, ein Getränk aus püriertem Apfel und Ingwer, Zitronensaft, Wasser und etwas Apfelessig, hilft gegen den Durst an heissen Tagen. Saugutes Fastfood ist auch der Aufstrich auf Rüeblibasis mit Sauerrahm, Walnüssen, Öl, Knoblauch, Ingwer und Gewürzen.

Ich werde mich nicht sklavisch an die Empfehlungen in diesem Buch halten – ich möchte nicht auf Gschwellti, Polenta, Weisskohl oder Linsen verzichten. Fleisch esse ich sowieso wenig, aber lieber Wiederkäuer aus Weidehaltung als die hier propagierten Hühner und Truten. Trotzdem ist es praktisch zu wissen, was dem Darm wirklich guttut. Nur Hanfsamen hätten im Buch ruhig noch etwas mehr Platz einnehmen können. Bei denen merke ich sogar ohne wissenschaftliche Studie, dass sie der Verdauung helfen. Aber das wissen Biobäuerinnen (und Hippies) ja schon lange.

Bettina Dyttrich ist WOZ-Redaktorin.

Laura Koch: «Essen, geniessen, gesund bleiben. Ernährung als Medizin. 70 genial einfache Rezepte». AT Verlag. Aarau 2018. 208 Seiten. 32 Franken.