Auf allen Kanälen: Schwabs Fanboys

Nr. 3 –

Bessere PR-Sprecher könnte sich das Wef nicht wünschen: Niemand buckelt in so braven Hauptsätzen nach oben wie die Chefredaktoren Christian Dorer und Patrik Müller.

«Welcome to Davos, Mister President!», rief «Blick»-Chefredaktor Christian Dorer, als Donald Trump das Kongresszentrum betrat. Eine Spezialausgabe habe er seinem Besuch gewidmet. Ob er die unterschreibe? Der «Blick» sei «the biggest newspaper of Switzerland», führte Dorer ganz in der Trump-Sprache aus. «The biggest?», fragte dieser zurück. Und gab ihm das Autogramm. Betrachtet man die Kritik an der Macht als Grundaufgabe des Journalismus, wofür es eine gewisse Distanz zu MachtträgerInnen braucht, war dieser Fanboymoment ein Tiefpunkt des Journalismus in der Schweiz. Mehr noch, eine Selbstaufgabe.

Zwei Jahre ist das her, und wieder kommt Donald Trump nach Davos. Erste Hinweise darauf hat im Dezember die «Schweiz am Wochenende» veröffentlicht, auflagenmässig sogar noch ein bisschen bigger als der «Blick». Verantwortet wird die Zeitung von Chefredaktor Patrik Müller. Liest man die Texte von Dorer und Müller, merkt man rasch: Das Wef könnte sich keine besseren PR-Sprecher wünschen.

Tiger und Krokodile

Für seine Berichterstattung aus Davos hat sich Dorer eine eigene Kolumne zugelegt. «Der Chef am Wef» heisst sie und handelte in den letzten Jahren von seiner Bewunderung für noch wichtigere Chefs. Für den Youtube-Gründer etwa, mit dem er eine Flasche Wein in der Davoser Pianobar trinken durfte, oder für den Google-Multimilliardär, der ihn an eine rauschende Exklusivparty lud. Ein bisschen unheimlich war es Dorer mit dem Diktatorensohn Saif al-Islam Gaddafi, der ihm nämlich erzählte, dass er weisse Tiger als Haustiere halte. Bereits siebzehn Mal durfte Dorer am Wef teilnehmen – und gehört damit, wie er selbst schreibt, zu den «Krokodilen» an der Veranstaltung. Ihr Erkennungszeichen ist ein silberner Pin, und an der «Davos Circle Reception» begrüsst sie Wef-Guru Klaus Schwab in einer Zeremonie einzeln per Handschlag.

In Dorers Kolumne erfährt man auch ungeahnte Zusammenhänge zwischen dem Wef und der Weltwirtschaft: «Die Partys bilden auf verlässliche Weise die Wirtschaftslage ab. Brummt der Motor, sind die Häppchen edler und die Getränke kostspieliger. In Krisenjahren werden Partys auch mal ganz abgesagt.» Wenn gerade kein Wef ist, berichtet Dorer ebenfalls über das Wef. Zum Jahresende durfte Klaus Schwab in einem langen Interview Rede und Antwort stehen. «Sie sind 81 und noch voll im Schuss. Es scheint, als würden Sie nicht altern. Haben Sie einen Zaubertrank?» So und ähnlich die angriffigen Fragen.

Dem Guru nacheifern

Ein kleines Primeurgeschäft hat derweil Patrik Müller aus dem Wef gemacht. Denn wer auch immer dorthin eingeladen wird: Müller darf es meist als Erster vermelden. In diesem Jahr konnten die LeserInnen der CH-Media-Zeitungen so exklusiv erfahren, dass nicht nur Trump kommt, sondern auch Irans Aussenminister (am Dienstag hat dieser seinen Besuch wieder abgesagt). Den Besuch von Greta Thunberg hat Müller ebenfalls bestätigt und dabei die Gelegenheit genutzt, Klaus Schwab zu huldigen: «Es war der grosse Coup von Wef-Gründer Klaus Schwab. Vor einem Jahr lud er die schwedische Schülerin Greta an sein Forum ein. Der Wef-Auftritt trug wesentlich dazu bei, dass Greta auf einmal rund um den Erdball zur Ikone wurde.» Keine mutige Frau ohne alten Mann, klar.

Christian Dorer und Patrik Müller kennen sich schon lange. Als junge Journalisten arbeiteten sie beim «SonntagsBlick», die einstigen WG-Kumpel wohnen heute beide in Baden. Zusammen haben sie ein Buch geschrieben, natürlich über einen Chef: «Der rote Boss» über Benedikt Weibel handelt von einem SBB-Angestellten, der sich nach ganz oben arbeitete. Passt irgendwie zur Karriere der beiden Journalisten, wobei sie in ihren Kommentaren nie rot waren, sondern zuverlässig rechts sind – Dorer ein bisschen liberaler, Müller nahe bei der SVP. Die Bewunderung der beiden für die Mächtigen geht so weit, dass sie Klaus Schwab mittlerweile nacheifern: Müller hat den Branchentreff Swiss Media Forum initiiert, das Programm verantwortet er gemeinsam mit Dorer. Im letzten Jahr sind die grossen Medienkonzerne eingestiegen, auch die SRG ist dabei. Im Verwaltungsrat des Swiss Media Forum sitzen neben Müller jetzt die eigenen Verleger. Wohl dem Land, das solche Chefredaktoren kennt. Ohne jede Berührungsängste.