Editorial: Treffpunkt, Kapitalanlage, Konsumtempel: Wie das Shoppingcenter die Welt veränderte

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Fünfzig Jahre ist es her, seit im Limmattal das erste grosse Shoppingcenter der Schweiz seine Tore öffnete. ­Angepriesen 
als Paradiese, galten diese Malls vielen Kritiker­Innen als Landschaftsverschandelung und Konsummoloche. Ihr Erfinder, der Exil­wiener Victor Gruen (1903–1980), sehnte sich einst in den Vorstadtwüsten 
der USA nach verdichteten urbanen Zonen. 
Ihm schwebte dabei ein Gebilde vor, das keines­falls nur vom Konsum getrieben sein, sondern auch Kultur, Bildung und Gemeinschaft bieten sollte. Obwohl die Verkaufsflächen rasch überhandnahmen, scheint etwas von Gruens Vision bis heute bewahrt: Für viele ist das Shopping­center ­sozialer Treffpunkt und kosten­loser Zeitvertreib – inmitten von auf Profit ­getrimmten Konsum­zellen. Trotz sinkender Gewinn­margen im stationären ­Detailhandel werden auch weiterhin Malls gebaut – als multimediale Luxuserlebnisräume und ­Kapitalspeicher. Derweil gleichen sich 
viele Innenstädte der blanken Aufgeräumt­heit von Shoppingcentern an: von Edel­boutiquen gesäumte, ausge­storbene 
urbane Zentren.

Die Wochenzeitung WOZ hat sich aus Gründen der Prävention rund um die Verbreitung des Corona-Virus entschieden, die Vernissage des «wobei»-Hefts abzusagen.Gemeinsame Filmpremiere von «12. März 1970 – Türöffnung zum Paradies» und Heft-Vernissage am 12. März 2020 im Shoppi Tivoli Spreitenbach. Alle Informationen zur Veranstaltung.

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