WOZ-Geschäftsbericht: Als man uns Geld gab

Nr. 22 –

Im letzten Jahr stand es kritisch um die WOZ. Aber dank Spenden und einem strengen Sparprogramm hat die grösste unabhängige linke Zeitung der Schweiz überlebt.

«Gebt uns Geld» hiess die Kampagne, mit der die WOZ im März 2005 auf ihre akut gefährdete Existenz hinwies. Mit dem Ausbau der Zeitung im Herbst 2003 habe man zwar 1300 zusätzliche Abos gewonnen, man habe sich dabei aber auch übernommen. Kurz: Der WOZ-Karren war vor lauter Begeisterung nach dem letzten Relaunch fast in den Abgrund gerasselt, und im Frühjahr 2005 musste die Notbremse gezogen werden.

Doch die WOZ wurde gerettet. Die Solidarität war überwältigend. Man gab uns Geld - und dies eindeutig nicht bloss aus Mitleid mit einem geschäftlich etwas zu optimistischen Kollektiv, sondern weil sehr viele WOZ-AbonnentInnen und ProWOZ-Mitglieder nach wie vor der Meinung sind, es brauche eine linke unabhängige Zeitung in der Schweiz. Innert kürzester Zeit kamen zwischen Frühjahr und Frühsommer 2005 Spenden von über 300 000 Franken herein. An dieser Stelle nochmals einen herzlichen Dank an alle SpenderInnen! Nach den üblichen marktwirtschaftlichen Kriterien wird die WOZ nie rentieren - sie wird auch künftig kontinuierlich auf zusätzliche Unterstützung angewiesen sein, um in der hiesigen Medienlandschaft überleben zu können.

Das Kollektiv hat im letzten Jahr auch begonnen, rigoros zu sparen: Es wurden Stellen abgebaut, durch Kündigung oder Urlaube; einige verliessen die WOZ, um in anderen Redaktionen zu arbeiten, sie wurden nicht oder nur teilweise ersetzt. Die WOZ-Redaktionsleitung, die im Januar 2005 gewählt worden war, hatte mit dieser Umstrukturierung gleich zu Beginn ihre härteste Zeit.

Der Inhalt der Zeitung wurde konzentriert - und dabei politisch wieder etwas stärker profiliert: Gleichzeitig mit dem Sparprogramm begann die WOZ eine Veranstaltungsreihe unter dem Titel «Wer braucht eine linke Zeitung?», bei der in Zürich, Basel, St. Gallen und Solothurn zahlreiche Prominente aus unserem Umfeld und VertreterInnen von linken NGOs über Stärken und Schwächen des Blattes - und der linken Politik - öffentlich diskutierten. Es sollte nicht nur gebettelt werden, hatten wir im März beschlossen; die WOZ sollte sich auch verändern und den heutigen Bedürfnissen besser anpassen.

Einige Zahlen

für Tabelle hier klicken.

Beurteilt man die Zahlen, so hat das geklappt: Im Jahr 2005 senkte die WOZ ihren betrieblichen Aufwand um 10 Prozent und gleichzeitig steigerte sie den betrieblichen Ertrag - auch ohne die Spenden. Mit einer Auflage von 14 233 und 113 000 LeserInnen (WEMF-Zahlen) erreichte die WOZ im Krisenjahr die höchste Verbreitung ihrer ganzen Geschichte; ein einzelnes WOZ-Exemplar wird dabei laut unabhängiger Studie von sage und schreibe acht Personen gelesen.

Die Inserateeinnahmen lagen im vergangenen Jahr - trotz bekanntermassen schwieriger wirtschaftlicher Lage - um 7,5 Prozent über den Vorjahreswerten. Gleichzeitig legte dank der Überlebenskampagne auch der Förderverein ProWOZ kräftig zu: 133 Einzelmitglieder und 6 Firmenmitglieder konnten neu geworben werden. Erstere zahlen für ihre WOZ den doppelten Abopreis, Letztere zahlen den vierfachen Abopreis und erhalten wöchentlich zwei WOZ-Exemplare. Insgesamt hat der ProWOZ zurzeit mehr als 800 Mitglieder, und mit dem neu gegründeten ProWOZ-Kapitalfonds beschaffte er 2005 zusätzlich über 100 000 Franken für die WOZ. Der gesamte Kapitalfluss vom ProWOZ zur WOZ erreichte im vergangenen Jahr gut 400 000 Franken.

Bei 49 WOZ-Beschäftigten, die sich 33,7 Vollstellen teilen (im Vorjahr waren es noch 39,2 Stellen) erwirtschaftete das WOZ-Kollektiv auf diese Weise 2,9 Millionen Aboeinnahmen, einen Gesamtumsatz von 3,8 Millionen - und einen kleinen Gewinn von 79 000 Franken, der 438 000 Franken Verlust aus dem Vorjahr gegenübersteht.

25 Jahre linke Öffentlichkeit

Es war schon früher so, dass die WOZ auf Krisen mit Erneuerung reagierte. Die grosse, überwältigende Solidarität im Jahr 2005, aber auch die wirklich harten und schmerzhaften Budgetkürzungen haben aus dem schlingernden Kollektiv wieder eine funktionierende und zuverlässige Gruppe gemacht, ein KMU mit hochmotivierten MitarbeiterInnen, wie man in der Geschäftswelt sagen würde: mit einer wachsenden, sich verjüngenden LeserInnenschaft.

Im laufenden Jahr feiert die WOZ ihren 25. Geburtstag. Legt man eine WOZ aus den Anfangszeiten neben eine WOZ von heute, so scheinen das zwei ganz verschiedene Blätter zu sein. Doch in einem sind sie gleich, in der Haltung: Unsere VorgängerInnen machten damals und wir machen heute diese Zeitung vor allem ihrer Inhalte wegen - um für linke, unbequeme und egalitäre Anliegen eine Öffentlichkeit herzustellen. In Zeiten des wachsenden gesellschaftlichen Egoismus bleibt die WOZ eine starke Stimme der Schwachen.

Das WOZ-Kollektiv