Nein zur PUK: Die Pirouettendreher

Nr. 24 –

Wer nachzählt, sieht: Nach dem Nein zur Bonisteuer und dem Nein zu kleineren Banken verhindert die SVP jetzt auch noch die eingehende Untersuchung des UBS-Schlamassels.


Es war nur eine Bemerkung, aber es klang wie ein dringender Wunsch. «Frische Luft», sagte Toni Brunner und bat die WOZ auf den Balkon des Bundeshauses. Das war vergangene Woche, und ich wollte vom SVP-Präsidenten wissen, wo die Partei stehe, da sie doch jeden Tag wieder eine neue Position vertrete. Drinnen beriet der Nationalrat den Staatsvertrag mit den USA, und draussen lehnte sich Brunner über die Brüstung und erklärte in langen Ausführungen, warum die Partei keinen Zickzackkurs fahre. Und warum sie trotz gegenteiliger Ankündigungen dem Staatsvertrag mit den USA zustimmen werde.

Tags darauf lehnte die SVP den Staatsvertrag im Nationalrat ab. Diese Woche, bei der erneuten Abstimmung, enthielt sich die Fraktion der Stimme. Und der Staatsvertrag wurde angenommen.

Dann drehte sich der Toggenburger um und sagte, es stehe «ausser Frage», dass seine Partei einer Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) zum Fall UBS zustimmen werde – auch im Ständerat, «von vereinzelten Abweichlern vielleicht abgesehen».

Am Montag lehnten die SVP-Ständeräte die Einsetzung einer PUK ab – geschlossen wie in einer konzertierten Aktion. Die Akte UBS wird geschlossen. Selbst aus der CVP-Fraktion, die im Vorfeld der Abstimmung als Zünglein an der Waage galt, kamen vier Ja-Stimmen. Hätte die SVP ihren grossen Worten Taten folgen lassen, wäre die PUK eine Tatsache. Stattdessen hat die selbst ernannte Volkspartei eine PUK verhindert.

Das Ende eines Ausflugs

Warum diese Pirouetten? Sind sie kalkuliert? Oder Ausdruck der Orientierungslosigkeit?

In den letzten Tagen war viel von den «Polparteien» die Rede, die mit ihren «parteipolitischen Spielen» wider die «Interessen des Landes» handelten. Die KommentatorInnen lagen gleich in mehreren Punkten falsch: Erstens handelte es sich bei den (linken wie rechten) Bedingungen für die Zustimmung zum Staatsvertrag nicht um Spiele, sondern um gewöhnliche Politik. Zweitens ist die UBS (noch) kein Land. Und drittens verstellt der Begriff der «Polparteien» den Blick auf die politischen Tatsachen.

Der Irrglaube einiger Beobachterinnen, die SVP kämpfe gemeinsam mit der Linken auf der Seite des «Volkes» gegen die Grossbanken, die Abzocker und die Finanzplatzparteien, geht zurück auf eine politische Kehrtwende vor rund eineinhalb Jahren, als der Marcel-Ospel-Freund und einstige Finanzspekulant Christoph Blocher nach langem Schweigen in der Finanzkrise urplötzlich einen UBS-Verwaltungsratssitz für den Bund, eine Lohn- und Bonibeschränkung für ManagerInnen und die Zerschlagung der Grossbanken forderte. Die WOZ beschrieb Blochers Anbiederung bei der Linken als «feines Gespür für Volkszorn» – eine richtige Analyse, wie sich heute zeigt. Jetzt, nach den Debatten über Abzockerinitiative, Bonisteuer, Staatsvertrag und PUK, ist dieser eineinhalbjährige Ausflug Blochers in die Sozialdemokratie am Ende.

Spätestens nach dieser Session müsste allen klar sein, was eigentlich offensichtlich war: Die SVP kämpft nicht gegen die Abzocker, sondern gehört zu ihnen. Die grossmauligen Beteuerungen Blochers wechselten sich mit leisem Kleinbeigeben der SVP im Bundeshaus ab. Sie versenkte seit Beginn der Finanzkrise sämtliche Regulierungsvorschläge: Im Winter 2008 lehnte sie blindlings alle Anträge für Bonibeschränkungen ab. Sie verhinderte eine rasche Volksabstimmung über die Abzockerinitiative von Thomas Minder. Sie stimmte gegen einen Planungsbeschluss für kleinere Banken und gegen eine Bonisteuer. Und jetzt, am Montag, sabotierte sie die Einsetzung einer PUK.

Düsterer Pionier

Als ich Toni Brunner auf dem Bundeshausbalkon darauf ansprach, dass die ParlamentarierInnen der SVP ihre Meinung derzeit häufiger wechselten als ihre Unterwäsche, lächelte er zuerst und protestierte dann heftig. Aber die inneren Widersprüche der Partei werden immer offensichtlicher, der Spagat zwischen neoliberalem Dogma und populistischer Politik zerreisst sie beinahe. Die Positionen der SVP sind instabil geworden.

Und das hat wohl auch mit Blocher zu tun. «Er könnte heute als düsterer Pionier der Abzockerei bekannt sein», schrieb der Historiker Jakob Tanner letzte Woche in einem bemerkenswerten Aufsatz in der «Zeit». Und doch gibt er seit eineinhalb Jahren vor, gegen die Abzocker zu sein. Damals wie heute überrumpelte er damit die eigene Partei, die am liebsten weitermachen würde wie vor der Krise.

Brunner verteidigte die Pirouetten tapfer, aber ahnungslos. Und so stehen die Aussagen der meisten SVP-PolitikerInnen immer kurz vor dem Ablaufdatum: Sie sind nur so lange gültig, bis vom Herrliberg herunter eine neue Parole diktiert wird. Die Brunners in Bern sind nichts als kleine Blochers: die Marionetten eines abgewählten Milliardärs, dessen Geist noch immer durch die Wandelhalle spukt.