Nein zur Ausschaffungsinitiative: Nein zum gefährlichen Gegenvorschlag!

Nr. 40 –

Nirgends zeigt sich der Einfluss der Schweizerischen Volkspartei (SVP) ausgeprägter als in der Ausländerpolitik. Und ihre fremdenfeindliche Argumentation wirkt weit ins linke Lager hinein. «Wer sich nicht an unsere Regeln hält, muss gehen!» – dieser Satz ist heute auch in Genossenschaftsbeizen und an Punkkonzerten zu hören.

Seit über zwanzig Jahren treibt die SVP erfolgreich und nahezu ungehindert Keil um Keil in die Gesellschaft. Die Partei inszeniert die Schweiz als Kampfzone, in der es von Feinden, schwarzen Schafen und anderem Getier nur so wimmelt.

Der Raser, der Dealer, der Vergewaltiger, der Sozialschmarotzer. Und bereits entflammt im Kopf das nächste Wort: der Ausländer. Aus einer Reihe von Wörtern entsteht plötzlich ein Zusammenhang, eine Gesetzmässigkeit.

Ende November wird über die «Volksinitiative für die Ausschaffung krimineller Ausländer» abgestimmt. Sie verlangt, dass AusländerInnen, die beispielsweise wegen eines Einbruchs oder Sozialhilfebetrugs verurteilt wurden, zwingend ausgewiesen werden. Vor unseren Gerichten stünden künftig zwei ungleiche Klassen: Menschen mit Schweizer Pass und alle andern – darunter viele, die hier geboren und aufgewachsen sind. Für die SVP heisst das «mehr Sicherheit durch weniger Ausländerkriminalität» und «Schutz von integrierten Ausländern». Als ob mit den verurteilten AusländerInnen die Kriminalität ausgeschafft würde.

Gleichzeitig mit der Ausschaffungsinitiative kommt auch der sogenannte Gegenvorschlag zur Abstimmung, hinter dem die bürgerlichen Parteien und ein Teil der SozialdemokratInnen stehen. Sein Ziel ist identisch mit dem der SVP-Initiative: Noch mehr und noch systematischer straffällige AusländerInnen ausschaffen als heute.

Im Gegensatz zur Initiative ist der Gegenvorschlag mit Verfassung und mit Völkerrecht vereinbar. Damit könnte er anders als die Initiative auch wirklich umgesetzt werden. Das Parlament hat also in vorauseilendem Gehorsam die Hausaufgaben erledigt, die die SVP versäumt hat. In der Sache ist der Gegenvorschlag kein Kompromiss – er sieht sogar für Delikte, die die SVP «vergessen» hat, die Ausweisung vor.

Der Gegenvorschlag enthält zusätzlich einen «Integrationsartikel». Dieser beginnt mit dem Satz: «Das Ziel der Integration ist der Zusammenhalt der einheimischen und der ausländischen Bevölkerung.» Der inhaltsleere «Integrationsartikel» dient als Feigenblatt und soll linke ParlamentarierInnen ins Boot holen. Der Gegenvorschlag ist die Kapitulation vor der Deutungshoheit der SVP.

Anfang dieser Woche begann der Abstimmungskampf. Die SVP geht mit ihrer prall gefüllten Propagandakasse und den üblichen rassistischen Plakaten auf Stimmenfang. Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf brüstete sich an einer Pressekonferenz, mit dem Gegenvorschlag liessen sich Raser (sprich: Ausländer) konsequenter ausschaffen als mit der Initiative. Und im «Tages-Anzeiger» behauptete der frühere SP-Nationalrat Rudolf Strahm, dank des «Integrationsartikels» im Gegenvorschlag liessen sich AusländerInnen endlich «fordern und fördern».

Die BefürworterInnen der SVP-Initiative und des Gegenvorschlags bekämpfen sich gegenseitig im trüben Becken der Fremdenangst. «Das ist unsere Chance», sagt Moreno Casasola von Solidarité sans frontières. «Wenn SVP-Anhänger nur für ihre Initiative stimmen und die bürgerliche Mitte für den Gegenvorschlag votiert, ist die Wahrscheinlichkeit da, dass keine der beiden Vorlagen eine Mehrheit erhält.» Dafür müssten allerdings liberale und linke Kräfte vereint zweimal Nein stimmen.

Dies ist eine Aufforderung, allen FreundInnen und Bekannten im nächsten Monat klarzumachen, weshalb am 28. November zweimal Nein zu stimmen ist. Dies ist eine Aufforderung zum Gegenangriff, eine Aufforderung, Keil um Keil aus der Gesellschaft zu reissen.