100 Wörter: Laue Sommerabende

Nr. 34 –

Im Sommercamp der wanderunwilligen Wurstverachter war die Stimmung besser, als allgemein vermutet wurde. Das lag nicht zuletzt daran, dass man die gleichen Desinteressen pflegte und jede auch noch so weit hergeholte Gemeinsamkeit Harmonie und Eintracht provozierte. Sogar die lauen Sommerabende, an denen die Leute gerne draussen sitzen, Unfug reden und Streit anfangen, verliefen hier stillvergnügt und ganz rabatzfrei. Die Gruppenaktivitäten waren ebenso überschaubar wie fakultativ, wer wollte bekam ein Einzelzimmer und geschnarcht wurde aus Prinzip nicht. Leider drohte nun Ungemach vonseiten eines pfiffigen Reiseveranstalters, der das so schöne und unauffällige Konzept kommerziell ausschlachten und so seinem sicheren Ruin entgegentreiben wollte.

Stephan Pörtner ist Krimiautor («Köbi der Held») und lebt in Zürich. Für die WOZ schreibt er Geschichten, die aus exakt 100 Wörtern bestehen.