«Ursula – Leben in Anderswo»: Ein rätselhaftes Universum

Nr. 3 –

Rolf Lyssy porträtiert eine Frau, die er schon als junges Mädchen gefilmt hatte.

1965 hatte der damals 29-jährige Kameramann Rolf Lyssy bei «Ursula oder Das unwerte Leben» von Reni Mertens und Walter Marti als Assistent gearbeitet. Das bekannte Schweizer Dokumentarfilmduo hatte darin im Rahmen einer Arbeit über Mimi Scheiblauer (1891–1968), eine Pionierin der Behindertenpädagogik, die damals vierzehnjährige Ursula Bodmer porträtiert.

Der provokative Titel jenes Films war bewusst gewählt, denn mit der Akzeptanz von Menschen mit Behinderungen war es damals noch nicht weit her. Die taube und blinde Ursula, klein wie eine Vierjährige und bereits bei der Geburt von ihrer leiblichen Mutter verlassen, wurde damals aufopfernd von ihrer Pflegemutter Anita Utzinger betreut, einer in den USA ausgebildeten Heilpädagogin.

46 Jahre später besucht Lyssy – der sich mittlerweile dem Dokumentarfilm verschrieben hat – die Institution «Tanne» im zürcherischen Langnau, wo die mittlerweile sechzigjährige Ursula seit langem lebt. Gemeinsam mit ihr besucht er auch die weit über achtzigjährige Anita Utzinger. Mithilfe von Gegenwart und Vergangenheit dieser Frauen schafft es Lyssy, etwas vom rätselhaften Universum der in sich gekehrten Ursula Bodmer zu vermitteln. Und er zeigt in bewegenden Szenen, wie für die ungemein vitale Anita Utzinger der Dienst an den Schwächsten der Gesellschaft das Selbstverständlichste der Welt ist.

Kino Canva Club, Mo, 
23. Januar, 14.15 Uhr, und Landhaus, Do, 26. Januar, 9.30 Uhr. Der Film läuft zurzeit
in den Deutschschweizer Kinos.

Ursula – Leben in Anderswo. Regie: Rolf Lyssy. Schweiz 2011