Proteste im Susatal: Selbst wenn es Jahre dauert

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Die Proteste im italienischen Susatal gegen die geplante Hochgeschwindigkeitsbahn (TAV) zwischen Turin und Lyon gehen diese Woche in eine neue Phase. Bereits seit Tagen finden Informationsveranstaltungen statt, die Bevölkerung diskutiert in überfüllten Gemeindesälen über das weitere Vorgehen.

Ende Februar waren bei verschiedenen Polizeieinsätzen 26 AktivistInnen der «No TAV»-Bewegung verhaftet worden. In der Folge protestierten zwischen 50 000  und 70 000  Menschen aus der ganzen Region für deren Freilassung. Die Bewegung erhielt noch einmal massiven Auftrieb, als Luca Abbà, ein lokaler Kleinbauer und einer der Anführer der Proteste, am 27. Februar bei der Räumung seines von der Regierung enteigneten Geländes schwer verletzt wurde. Er war vor Polizisten auf einen Strommast geflüchtet und fiel danach von rund zehn Metern Höhe auf steinigen Boden. Während Abbà in ein Spital nach Turin geflogen wurde, setzte die Polizei die Räumung fort.

Innert weniger Stunden wie auch an den folgenden Tagen kam es danach zu spontanen Demonstrationen, Streiks und Kundgebungen, an denen Tausende teilnahmen – auch in anderen Landesteilen. Die Polizei setzte Tränengas ein und löste eine Sitzblockade auf der Autobahn gewaltsam auf. Doch der italienische Regierungschef Mario Monti beharrte darauf, dass die TAV gebaut werden müsse, da sie «strategisch wichtig» sei und schon viel Vorarbeit geleistet worden sei.

Seit über zwanzig Jahren bekämpft die Bevölkerung des Susatals zusammen mit lokalen PolitikerInnen und verschiedenen Umweltorganisationen das «unsinnige Grossprojekt». Der Bau würde die Landschaft des schmalen Tals, deren BewohnerInnen vornehmlich vom Weinbau und Tourismus leben, auf Dauer zerstören. Die Bevölkerung wäre zudem dem Abtransport des asbest- und uranhaltigen Aushubs ausgesetzt.

Nach Montis Entscheidung kündigte die «No TAV»-Bewegung an, das Bauprojekt permanent zu bekämpfen, auch wenn es «Wochen, Monate oder Jahre» dauern wird. Die nächsten Protestveranstaltungen finden bereits dieses Wochenende statt: Am Freitag wird eine «No TAV»-Delegation Rom besuchen, wo MetallarbeiterInnen streiken. Und am Sonntag planen die OrganisatorInnen je einen Marsch zum Gefängnis, in dem die inhaftierten AktivistInnen sitzen, sowie zu Abbà ins Spital von Turin. Nach letzten Meldungen sei er auf dem Weg der Besserung.
Sonja Wenger

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