En passant: Chinesische Stilfragen

Nr. 28 –

Die Abkürzung CIBE kann vieles bedeuten. Sie steht für die Europäische Vereinigung von Zuckerrübenanbauern, für das Forschungszentrum für Biotechnologie in Ecuador und für das Center for International Business Ethics an an der Beijinger University of International Business and Economics. Dessen Arbeit wird mit viel Schweizer Geld unterstützt, es kommt von der Credit Suisse, von Victorinox, aber auch von Brot für alle und vom Fastenopfer.

Ziel des Beijinger CIBE ist die Förderung von Forschung und Bewusstseinsbildung auf dem Gebiet der Geschäftsethik. Das erste Treffen der Mitglieder der CIBE–Klubs im Jahr 2012 stand unter dem Motto: «Luxusgüter und Business-Ethik». Gehalten hat den einführenden Vortrag Shangguan Ruye, die aber nicht – wie in der Einladung vermerkt – eine Moderatorin des ersten Kanals des Staatsfernsehens CCTV ist, der offenbar viel über die industriellen Wertschöpfungsketten im Luxusgüter- und Markennamensegment weiss, sondern bei CCTV 2 für den Ankauf von Fernsehserien zuständig.

Über Luxusgüter hatte sie allerdings doch viel zu sagen. Wirklich viel. Zum Beispiel, dass Shanghai Tang nicht so gut sei wie Max Mara, Rolex keine so gute Wertanlage darstelle wie Breguet und bei CCTV jetzt eigentlich alle Armani trügen, weil sich das heutzutage echt jeder leisten kann. Danach durften sich die gut vierzig ZuhörerInnen eine Stunde lang aus dem Internet kopierte Bilder von Prada- bis zu den femininen Anna Sui-Models ansehen. Die ZuhörerInnen erfuhren ausserdem, dass Gucci nicht etwa nur grau-weisse Sachen hat, dass es auch Frauen gibt, die Bally-Herrentaschen kaufen, dass Givenchy den Chanel-Stil kopiert, dass Hermès nicht einfach an jeden verkauft und dass rote Steine billiger sind als blaue. Grüne Steine (Jadeite) sind am allerteuersten, obwohl sie zu der dunklen Kleidung moderner Angestellter gar nicht passen. Aber gerade das macht sie zu einem unvergleichlich guten Geschenk für die Ehefrauen hoher Kader, die sich mit so teurem Schmuck sowieso nicht in der Öffentlichkeit zeigen können.

Was wohl schwieriger ist? Den EU-Regierungen zu erklären, dass der Lebensstandard von Menschen in Mauritius oder Kuba wichtiger ist als die Subventionierung europäischer Zuckerrübenanbauer? Ecuador an die Spitze der weltweiten Biotechnologieforschung zu hieven? Oder, wie das CIBE-Generalsekretär Stephan Rothlin vorschwebt, China – wo bereits jetzt ein Drittel der weltweiten Luxusgüter landet – zu einem Pionier auf dem Gebiet der Wirtschaftsethik zu machen?

Wolf Kantelhardt 
schreibt für die WOZ aus Beijing.