Fussball und andere Randsportarten: Rufmord an einem Unschuldigen

Nr. 47 –

Etrit Hasler über öffentliche Anschuldigungen zum Wettskandalurteil

Natürlich darf es die informierte Leserin nicht verwundern, was für Stuss in der Schweiz zum Thema «Sport» so alles geschrieben wird. Die Tatsache, dass seit letztem Jahr die grösste Boulevardkanone des Landes, der Ringier-Konzern, gleichzeitig auch noch für die Vermarktung der Fussballliga verantwortlich ist, macht ja alles nur schlimmer. Aber wie sich anlässlich der Berichterstattung zu den Urteilen im sogenannten Wettskandalprozess zeigte, ist es nicht den «Blick»-Verlegern vorbehalten, ihr Hirn vor dem Publizieren ausgeschaltet zu lassen.

«Skandal-Urteil» titelte der «Blick» zu den «unverständlichen» drei Freisprüchen vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona, und der Rest der Medienlandschaft tat es ihm ungefragt gleich. Was war geschehen? Vor Gericht standen drei Fussballer, die im Rahmen des (vorläufig) letzten grossen italienischen Wettskandals in ein schiefes Licht geraten waren. Spieler hätten auch in der Schweiz teils systematisch Fussballpartien manipuliert, was in der Welt der elektronischen Sportwetten, in der auf so kleine Details wie die Spielminute des ersten Eckballs gewettet werden kann, ein Leichtes gewesen sei. Der Skandal, als er 2009 auskam, war gigantisch – dass so etwas in Italien an der Tagesordnung war, hatte man sich ja immer schon gedacht, aber bei uns in der sauberen Schweiz?

Die Sportgerichtsbarkeit griff, und der Schweizer Fussballverband belegte insgesamt neun Spieler mit zum Teil mehrjährigen Berufsverboten – für einen Fussballprofi ist das fast immer gleichbedeutend mit seinem Karriereende. Und finanziell mit einem Mehrfachen an Strafe von dem, was die zivile Gerichtsbarkeit als Sanktion verhängen könnte – kein Wunder also, akzeptierten die meisten dieser Spieler einen entsprechenden Strafbefehl ohne grosses Aufheben.

Nicht so aber die drei, die später für die Skandalschlagzeilen sorgen würden – wenn auch alle drei aus verschiedenen Gründen.

Der Hauptangeklagte, Darko D. (Exgoalie von Gossau), wurde freigesprochen – obwohl er seine Beteiligung an den Spielmanipulationen zugegeben hat. Laut Gesetz muss man, um einen Betrug zu begehen, einen Menschen täuschen und nicht eine Maschine, wie das bei Internetwetten der Fall ist.

Es ist nicht nur «unverständlich», dass es eine Gesetzeslücke gibt, die gross genug ist, um den gesamten Zürcher Sonnenberg hindurchzuschieben (eine Situation, der sich der plötzlich von wildem Aktionismus befallene Bundesrat angenommen hat), sondern in gleichem Masse, dass der ermittelnde Staatsanwalt diese Lücke erst vor Gericht bemerkt haben will.

Der Zweite im Bunde, der Ex-Thun-Stürmer David B., kam frei, weil er zwar zugegeben hatte, einmal Geld genommen zu haben, aber standhaft behauptete, er habe das Geldcouvert später unberührt seinem Anwalt übergeben. Spiele habe er nicht manipuliert. Dass dieses Verhalten moralisch fragwürdig ist, steht ausser Frage – immerhin hat B. ein zweijähriges Berufsverbot abgesessen, und seine Karriere ist so gut wie ruiniert.

Für den dritten Freigesprochenen, Christian Leite, den Torhüter «meines» FC Winterthur, gilt übrigens nichts von alledem. Er landete vor Gericht, weil jemand behauptet hatte, der Torwart habe auch mitgemacht. Das war das einzige Indiz. Im Unterschied zu seinen Mitangeklagten wurde Leite nie verurteilt, weder vom Verband noch von der zivilen Justiz. Er musste keine Sanktionen über sich ergehen lassen, was ihn aber nicht davor schützte, vom «Blick» als «Betrüger» und im «St. Galler Tagblatt» als strafrechtlich unbehelligter «Manipulator» beschimpft zu werden.

Verzeihen Sie mir, wenn ich mich frage, was ein unschuldiger Mann in diesem Land tun muss, um auch als solcher seine Freiheit zu geniessen.

Etrit Hasler spielt nie um Geld, 
weil er Angst hat, beim Betrügen 
erwischt zu werden.