Kommentar: Klumpenrisiko ZKB

Nr. 3 –

Die Zürcher Kantonalbank entfernt sich Stück um Stück von ihrem eigentlichen Auftrag und ist in einer Wachstumsdynamik gefangen.

Sie wächst und wächst. Die Zürcher Kantonalbank (ZKB) hat längst die Grenzen des bevölkerungsreichsten Schweizer Kantons gesprengt. ZKB-Hypotheken gibt es auch in Bern, Basel und Genf, reiche Kunden werden sowohl in Österreich und Deutschland wie auch in Hongkong, Singapur und Argentinien betreut. Schritt für Schritt hat sich die zu hundert Prozent im Besitz des Kantons Zürich befindliche Bank «zur dritten Kraft» neben UBS und CS gemausert, die etwa im Bereich der sogenannten Exchanced Traded Funds (ETF) – also dem Spekulieren mit Rohwaren aller Art – Anlagen im Umfang von fünfzehn Milliarden Franken verwaltet.

Jetzt will der Bankrat der ZKB, dass die Bank vom Kanton Zürich mehr Geld als Sicherheit beziehen kann. Das Dotationskapital soll um zusätzlich zwei Milliarden auf viereinhalb Milliarden Franken aufgestockt werden. Zudem strebt die ZKB eine Änderung des Kantonalbankengesetzes an: Sie will die Ausgabe von Partizipationsscheinen neu regeln und in der ganzen Schweiz wie auch im Ausland Zweigniederlassungen gründen können. Ausserdem wollen sich die BankrätInnen, die nach Parteienproporz vom Kantonsrat gewählt werden, ihre Bezüge erhöhen.

Alle diese Vorschläge laufen in dieselbe Richtung: Die Bank will sich für ein weiteres starkes Wachstum wappnen. Das braucht mehr Eigenkapital (via Dotationskapital und Partizipationsscheine), BankrätInnen, die sich für ihre Aufsichtsarbeit mehr Zeit nehmen können, und ein Gesetz, das die weitere Expansion ausserhalb des Kantons nicht behindert. Die Bank will, wie sie selber schreibt, mehr «strategische Handlungsfreiheit», «Opportunitäten» nützen und «in Lücken springen», die «andere Banken geschaffen haben». So wird auch die Übernahme einer anderen Bank nicht ausgeschlossen.

Dabei ist der Auftrag der Zürcher Kantonalbank glasklar: «Sie hat den Zweck, zur Lösung der volkswirtschaftlichen und sozialen Aufgaben im Kanton beizutragen» und soll eine «umweltverträgliche Entwicklung» im Kanton unterstützen, wie es im entsprechenden Gesetzesartikel heisst. Die ZKB-Spitze scheint diesen Auftrag allerdings sehr frei zu interpretieren – und hat sich in den letzten Jahren auch bereits fatal verrannt: Das zeigt die Anklage gegen drei ihrer Mitarbeiter, die unversteuerte Gelder im Umfang von 420 Millionen US-Dollar aus den USA entgegengenommen haben sollen mit dem Ziel, sie vor dem US-Fiskus zu verstecken.

Sollten sich die Anschuldigungen bewahrheiten, stellt sich die Frage, ob es nicht genau dieser Hang zu Grösse und Wachstum innerhalb der ZKB ist, der die Bankmitarbeiter so handeln liesst. Es sind nicht nur einzelne Mitarbeiter, die von der US-Justiz bedroht sind. Auch gegen die ZKB als Unternehmen ermittelt die US-Justiz – letztlich wird die Bank nur durch einen Deal mit den US-Behörden verhindern, dass auch sie angeklagt wird. Um die Zahlung einer Millionenabfindung wird sie kaum herumkommen.

Bislang will die ZKB nichts lernen: Einen kürzlich eingereichten parlamentarischen Vorstoss, der die ZKB zu einer Weissgeldstrategie verpflichten soll, lehnt der Bankrat ab. Die Bank soll wie die Postfinance nur noch Konten von AusländerInnen eröffnen, die eine Ermächtigung zur Offenlegung der Bankdaten gegenüber ihrem Heimatstaat unterzeichnen, fordern KantonsrätInnen der Grünen und der Alternativen Liste. Doch der Bankrat sieht für einen solchen Gesetzesartikel «keine sachliche Notwendigkeit».

Die ZKB begründet ihre Expansionsstrategie über die Kantonsgrenzen hinaus mit einem angeblichen «Klumpenrisiko», das der Kanton Zürich für die Bank darstelle. Stimmt das, so hat sich das die Bank selbst eingebrockt: Wenn sie konsequent die vielfältige Zürcher Wirtschaft mit Krediten versorgen würde und bei der Vergabe von Hypotheken insbesondere im Bereich Luxusbauten und Geschäftsliegenschaften vorsichtig wäre, so wäre sie in diesem wirtschaftlich überaus prosperierenden Kanton keinem grossen Risiko ausgesetzt. Wenn sie jetzt aber ihr Risiko durch starkes Wachstum vermindern will, dann macht sich die ZKB ihrerseits zum Klumpenrisiko für den Kanton Zürich.

Die ZKB tut gut daran, ihre Risiken abzubauen und sich auf ihren historischen Auftrag zu fokussieren: zur wirtschaftlichen Diversifizierung des Kantons beizutragen und insbesondere auch ökologische, nachhaltige und soziale Betriebe in den Städten, der Agglomeration und auf dem Land mit den nötigen Krediten und Hypotheken zu versorgen.