Fussball und andere Randsportarten: Ge scheissn, Heimat

Nr. 6 –

Etrit Hasler über Nazis und andere Österreicher.

Sport im Fernsehen geht häufig mit hochgradig nationalistischen Inszenierungen einher. Wer jedoch denkt, die Amerikaner seien mit ihrem Superbowl die Grossmeister darin, der täuscht sich. Mit der Eröffnungszeremonie der alpinen Ski-WM in Schladming hat sich die Steiermark eindeutig den Sonderorden für Gruselpatriotismus verdient. Vielleicht sollte uns das nicht wundern – immerhin sitzt dort ein Mitglied des Nostalgievereins «Kameradschaft IV der Waffen-SS» in der Landesregierung, der FPÖ-Mann Gerhard Kurzmann.

Gleich wie der Superbowl wurde auch die Ski-WM von einem durch und durch weissen Kinderchor eröffnet – nicht einmal der Ku-Klux-Klan hätte einen blasseren Vorzeigenachwuchs zusammenstellen können. Was am Superbowl durchaus etwas überraschend wirkte – in einem Land, an dessen Spitze ein Schwarzer Präsident ist, dürfte mindestens ein Alibifarbiger erwartet werden –, war im Fall der Steiermark wohl einfach der ganz normale Hinweis darauf, was ein rechter Steirer ist. Vielleicht muss man schon froh sein, dass in Schladming nicht der Josef-Fritzl-Gedenkchor ein fesches Soldatenlied schmetterte. In diesem Kontext: Falls Sie eine Originalausgabe von Otfried Preusslers «Die kleine Hexe» zu Hause haben, dürfen Sie «Alibifarbiger» getrost durch «Mohrenkopf» ersetzen.

Doch genug vom Superbowl – für die Nischensportart American Football interessiert sich kein Schwein hierzulande, während so ein bisschen Skifahren die ganze Schweizer Nation an den Bildschirm zu kleben vermag. Das ist ja auch in Ordnung so – nicht alle bringen den gewissen Grad an Grundintelligenz mit, um den Komplexitäten des Rasenschachs für Fortgeschrittene folgen zu können. Skifahren appelliert da an primitivere Instinkte: Gleich wie bei der Formel 1 warten immer nur alle auf den nächsten Unfall.

Apropos Unfall: Während die Amis ihren Patriotismus beweisen, indem Soldaten Gewehre wirbeln und teure Kampfjets Feuerwerk abschiessen, setzte die Steiermark vermehrt auf erneuerbare Ressourcen: Idioten. Und die Liste an rhetorischen Gratismustern, die an dieser Eröffnungsfeier hundertmal das Wort «Heimat» in die Mikrofone sabberten, sucht ihresgleichen. Angefangen bei Grinsekater Hansi Hinterseer – der übrigens ein recht erfolgloser Skifahrer war, bevor exaltierte Frauen im zweiten Frühling begannen, ihn mit Unterwäsche zu bewerfen: Es reichte gerade für eine einzige WM-Medaille. Und die war nur aus Silber. Loser.

Passend dazu: der zwar nicht erfolglose, aber umso genussvoller gescheiterte Exilsteirer Arnold Schwarzenegger. Er schwelgte in seiner besten «Conan»-Imitation in Erinnerungen an «Mutti» und «Heimat» – so wie er das mit seinem amerikanisierten Akzent («High Mutt») aussprach, klang es eher nach einem drogensüchtigen Hund und nicht nach dem Affenkäfig, dem er einst entklettert war. Ein Meisterstreich auch, diese Charakterstudie menschlichen Versagens noch mit einem Auftritt des ehemaligen Frauenschwarms Kevin Costner zu komplettieren – dieser hat sich nach dem Ende seiner Hollywoodkarriere (endlich!) darauf verlegt, seine Talentfreiheit als Countrymusik getarnt auf die Menschheit loszulassen. Und das in Schladming. Da fehlte nur noch David Hasselhoff, aber der lag wahrscheinlich gerade besoffen unter einem Tisch. Was mit Sicherheit ein besserer Ort war als Schladming.

Doch wie patriotisch die Steiermark wirklich tickt, zeigte sich beim Singen der Bundeshymne, eine Ehre, die Nadine Beiler, ihres Zeichens Castingopfer und B-Promi, zuteilwurde. Dass diese die aktuelle, gesetzlich vorgeschriebene Fassung mit der Zeile «Heimat grosser Töchter und Söhne» statt «Heimat bist du grosser Söhne» sang, brachte ihr über die Fernsehmikrofone deutlich hörbare Buhrufe ein. Vielleicht hätte sie stattdessen einfach das Deutschlandlied singen sollen – das hätte mindestens Gerhard Kurzmann besser gefallen.

Etrit Hasler schaute als Kind gerne Skirennen. Dann begannen die Österreicher zu 
gewinnen. Er bestreitet zutiefst, dass er 
davon ein Trauma erlitten hat.

PS: Wien ist ganz okay.