100 Wörter: Der Chef und die Krise

Nr. 15 –

In der Kaffeepause blieb Hutmacher stets in seinem Einzelbüro und braute sich sein Getränk auf einer im Modulmöbel versteckten Kapselmaschine. Damit zementierte er seinen Aussenseiterstatus in der Firma nur noch mehr, aber das war ihm egal, denn er war der Chef. Das war von frühester Kindheit an sein Traumberuf gewesen, nur hatte er damals nicht daran gedacht, dass ein Chef auch Untergebene braucht. Sich mit denen herumzuschlagen, trübte nicht nur das Privileg, ein Einzelbüro zu haben, es schmälerte auch den Unternehmensgewinn beträchtlich, denn die Leute wollten beschäftigt und bezahlt sein. Weil dies zu Krisenzeiten immer mühsamer wurde, erwog Hutmacher auszusteigen.

Stephan Pörtner ist Krimiautor («Köbi der Held», «Stirb schöner Engel») und lebt in Zürich. Für die WOZ schreibt er Geschichten, die aus exakt 100 Wörtern bestehen.