Globale Textilindustrie: Kleider machen nur Reiche reicher

Nr. 42 –

«Wir haben es geschafft! Internationale Modeketten unterzeichnen Feuer- und Gebäudeschutzabkommen», jubilierte die internationale Kampagne für Saubere Kleidung (Clean Clothes Campaign, CCC) Mitte Mai. Sie hatte nach dem Einsturz eines Fabrikgebäudes in Bangladesch Ende April, bei dem 1131 Menschen starben und rund 2500 verletzt wurden, eine Kampagne für mehr Sicherheit lanciert (siehe WOZ Nr. 22/13). Das Abkommen gilt jedoch nur für Bangladesch, nach China der zweitgrösste Textilfabrikant der Welt. Trotz dieses Abkommens starben am 8. Oktober bei einem Brand in der Aswad-Textilfabrik in der Nähe Dhakas zehn ArbeiterInnen, über fünfzig wurden verletzt. Die Fabrik fiel durch die Maschen des Abkommens, da laut der britischen Zeitung «The Guardian» gewisse Modeketten wie etwa H & M ihre Textilfasern indirekt über ihre Textillieferanten bei Aswad bestellten.

Die Umsetzung dieses Abkommens geschieht vor dem Hintergrund anhaltender Proteste von TextilarbeiterInnen, die eine Erhöhung ihres monatlichen Mindestlohns von umgerechnet rund vierzig Franken – der tiefste weltweit – auf etwas über neunzig Franken fordern. Die unter Druck geratene Regierung in Dhaka kündigte an, dass ein Regierungsausschuss eine mögliche Erhöhung des Mindestlohns prüfen werde – jedoch erst im November. Die FabrikbesitzerInnen stemmen sich gegen eine signifikante Erhöhung und verweisen auf die Unwilligkeit globaler Modehäuser, angesichts des globalen Wettbewerbsdrucks höhere Preise zu zahlen.

Der Mitte Oktober veröffentlichte Jahresbericht 2012 der CCC zeigt, dass trotz kleiner Erfolge wie in Bangladesch die Rechts- und Lohnsituation der TextilarbeiterInnen weltweit im Argen liegt. CCC ist eine Allianz nichtstaatlicher Organisationen und Gewerkschaften aus europäischen Staaten, die Rechtshilfeappelle der TextilarbeiterInnen aufgreift. Ein solcher Ruf erfolgte beispielsweise im September 2012 nach einem Fabrikbrand in Karatschi, der 286 Todesopfer forderte. Die Fabrik belieferte unter anderem den deutschen Detailhändler KIK. Nach einer gross angelegten Kampagne in Deutschland zahlte KIK den Opfern und ihren Angehörigen in Pakistan eine Million US-Dollar. In Istanbul liess der Textilfabrikant Hey Tekstil, ein Zulieferer der Marke Esprit, seine ArbeiterInnen vier Monate ohne Bezahlung arbeiten und kündigte ihnen dann – sie warten noch immer auf ihren Lohn. Auf einer interaktiven Weltkarte der CCC ist ersichtlich, dass von Mexiko bis Indonesien, wo renommierte Modemarken unsere Kleider billig produzieren lassen, die Menschenrechtslage der ArbeiterInnen prekär ist.