Agrarpolitik: Was Bill Gates in Afrika treibt

Nr. 46 –

Seit 2006 versucht die «Allianz für eine Grüne Revolution in Afrika», den profitablen Teil von Afrikas Landwirtschaft in den Weltmarkt zu integrieren. Dazu versucht sie, wichtige Komponenten agrarökologischerAnbauverfahren unter private Kontrolle zu bringen. Dahinter steht die Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung.

Zugegeben, Revolutionen sind aus der Mode gekommen. Dabei wäre eine grüne Revolution, die diesen Namen tatsächlich verdient, in Afrika bitter nötig, denn für 200 Millionen der dort lebenden Menschen ist Hunger tägliche Realität. Wissen und Potenzial, um Afrikas Bevölkerung jetzt und künftig mithilfe agrarökologischer Anbauverfahren zu ernähren, sind vorhanden. Doch die nach Afrika fliessenden «Hilfsgelder» sind grösstenteils nicht darauf ausgerichtet, einer agrarökologischen Revolution zum Durchbruch zu verhelfen. Sie dienen vor allem einer Wiederauflage der alten «Grünen Revolution», deren negative Folgen in Asien und Lateinamerika zunehmend spürbar werden. Dazu zählen Ertragsrückgänge auf den ermüdeten Böden, Umweltverschmutzung und die Erschöpfung der Wasservorräte, die eine Grundvoraussetzung für das zeitweilige Gelingen der Grünen Revolution waren.

Doch der Imageverlust der alten Grünen Revolution ist gering und der Diskurs von einer erfolgreichen Verhinderung einer akuten Hungerkatastrophe in den sechziger und siebziger Jahren in Indien mächtig genug, sodass der Begriff im Jahr 2006 erneut bemüht werden konnte, als die Rockefeller- und die Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung gemeinsam die Allianz für eine Grüne Revolution in Afrika (AGRA) ausriefen.

Diese nach wie vor ungenügend beachtete Monsterallianz ist nunmehr in vierzehn afrikanischen Ländern aktiv und hat inzwischen über 400 Millionen US-Dollar ausgegeben, um dort das Saatgut zu monopolisieren und den profitablen Teil der afrikanischen KleinbäuerInnenschaft in die globale Marktwirtschaft einzubinden. Die «philanthropischen» Projekte der Milliardärsstiftungen stehen im Einklang mit der 2008 formulierten Weltbank-Forderung, in der afrikanischen Landwirtschaft «Wertschöpfungsketten» zu etablieren. Darunter werden die verschiedenen Stufen der Produktion verstanden, die Werte schaffen, Ressourcen verbrauchen und in Prozessen miteinander verbunden sind.

Ein «Trojanisches Pferd»

Die AGRA, zu deren Vorsitzenden der ehemalige Uno-Generalsekretär Kofi Annan auserkoren wurde, erklärte zunächst vier Länder – Ghana, Mali, Moçambique und Tansania – zu «Brotkorb»-Regionen und begann dort ihre Arbeit. Darüber hinaus ist sie in weiteren zehn Ländern aktiv: Äthiopien, Burkina Faso, Kenia, Malawi, Niger, Nigeria, Ruanda, Sambia, Republik Südafrika und Uganda.

Neben den beiden Gründerstiftungen gehören mittlerweile auch Regierungen zu den GeldgeberInnen – die von Dänemark, Britannien, Luxemburg, Norwegen, Schweden, Ghana, Kenia und den USA. In einer im Dezember 2012 in Berlin gehaltenen Rede brachte Kofi Annan seine Hoffnung zum Ausdruck, dass auch Deutschland bald zu den Förderern gehören werde. Annan verwies dabei auf die Erfolge der Allianz: Mit der Hilfe lokaler BäuerInnen seien 400 neue Pflanzensorten entwickelt und «freigegeben» worden. Ausserdem seien 14 000 AgrarhändlerInnen ausgebildet worden, um die neuen Hybridsorten sowie Düngemittel in ländlichen Gemeinden zu verkaufen.

Der einzig wahre «Trickle-down-Effekt»: Eine Frau siebt im südmalischen N’Tronkonina Mais. Foto: Philipp Hedemann

Im Klartext: Afrikanische BäuerInnen, die über Generationen lokal angepasste Sorten gezüchtet haben, stellen Forschungseinrichtungen ihr Saatgut zur Verfügung, das ihnen nach ein paar Kreuzungen wieder verkauft wird. So sammelten die MitarbeiterInnen der Forschungsstation Matopos (Simbabwe), die zu dem von der Gates-Stiftung mitfinanzierten Internationalen Institut für Nutzpflanzenforschung der Semiariden Tropen (ICRISAT) gehört, über mehrere Jahre traditionelles Saatgut von Hirse- und Sorghumsorten, das ihnen die dortigen KleinbäuerInnen kostenlos überliessen. Mithilfe dieses genetischen Reichtums entwickelte das ICRISAT «verbesserte» Sorten, die seit 2010 an die KleinbäuerInnen zurückverkauft werden. Das ist Benefit Sharing (Vorteilsausgleich) nach den Regeln der Gates-Stiftung. Parallel dazu bemüht sich die Abteilung «Politikgestaltung und Partnerschaften» der AGRA, die Regierungen einzelner afrikanischer Länder dahin gehend zu beeinflussen, dass sie Gesetze zur Verhinderung des freien Austauschs von Saatgut erlassen, nationale Düngestrategien verabschieden und den Handel mit Agrarrohstoffen formalisieren. Es ist sicher nicht abwegig zu vermuten, dass nach Etablierung vieler kleiner Saatgutfirmen in den verschiedenen afrikanischen Ländern ein Prozess der Konzentration stattfinden wird, an dessen Ende alle diese «Start-ups» von transnationalen Unternehmen geschluckt werden.

KritikerInnen des Projekts wie La Via Campesina, eine globale Föderation von KleinbäuerInnenorganisationen, wussten, warum sie von Anbeginn die AGRA als «Trojanisches Pferd» bezeichneten, mit dem patentgeschützte Sorten, Gentechnik und wirtschaftliche Abhängigkeiten in der afrikanischen Landwirtschaft verankert werden sollen. Die Gates-Stiftung nennt in ihrer landwirtschaftlichen Strategie 2008–2011 die sozialen Konsequenzen ziemlich unverblümt beim Namen: «Im Verlauf der Zeit wird diese Strategie eine gewisse Landmobilität und einen geringeren Anteil von direkt in der Landwirtschaft Beschäftigten erfordern.» Mit anderen Worten, einen Teil der KleinbäuerInnen wird man in die Slums der afrikanischen Metropolen oder vor die Tore der Festung Europa treiben.

Mogel- statt Startpakete

Doch vielleicht gelingt es ja, durch Förderung «privater Initiative» den Hunger zu bekämpfen, indem die Erträge und damit die Einkommen notleidender KleinbäuerInnen verbessert werden? Immer wieder wird ein «Trickle-down-Effekt» versprochen, bei dem mit der Zeit auch die Armen vom erwirtschafteten Wohlstand profitieren würden. Wo Behauptungen und Vermutungen im Raum stehen, helfen konkrete Studien. Diese befassen sich oft mit Mais, der in vielen Ländern südlich der Sahara das wichtigste Grundnahrungsmittel darstellt. Die im vorigen Jahr publizierten Forschungsergebnisse von Marie Javdani und Rachel Bezner Kerr und weitere Studien kommen unabhängig voneinander zur Schlussfolgerung, dass durch die Grüne Revolution die soziale Ungleichheit in den Zielländern nicht nur zementiert, sondern sogar vertieft wird.

Oft wird Malawi als Paradebeispiel für den Erfolg einer Grünen Revolution präsentiert, weil dort mit der Wiedereinführung sogenannter Startpakete, bestehend aus Hybridsaatgut und Dünger, die Maiserträge 2006 mit 2,6 Millionen Tonnen im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt werden konnten. Seither blieben die Maisernten, von witterungsbedingten Schwankungen abgesehen, auf diesem hohen Niveau. Doch zwei wesentliche Probleme bleiben trotz der temporären makroökonomischen Erfolgsgeschichte ungelöst: die Beseitigung der Armut und die Nachhaltigkeit. Dies trifft analog auf die anderen Länder zu, die mit den Segnungen der AGRA bedacht werden. Sowohl Bezner Kerr als auch Javdani kommen zur Schlussfolgerung, dass eine grössere nationale Maisernte per se die Ernährungssicherheit auf der Ebene individueller Haushalte nicht gewährleistet.

Die Überflutung Malawis mit Hybridsaatgut führt stattdessen zum Verschwinden der lokalen Maissorten, die zwischen den KleinbäuerInnen frei getauscht oder zu erschwinglichen Preisen lokal gehandelt werden. Hybridmaissorten hingegen werden von ausländischen Unternehmen zu hohen Preisen vermarktet und bringen ohne chemischen Dünger nicht die versprochenen Erträge. Die AGRA offeriert Heilsversprechen, die auf einzelnen technologischen Komponenten beruhen, ohne dass grundlegende gesellschaftliche Probleme wie ungerechte Landverteilung und die Benachteiligung von Frauen angegangen werden. Dabei stiegen die Aufwendungen für die Startpakete von 58,6 Millionen US-Dollar im Jahr 2005/06 auf 210 Millionen in den Jahren 2008/09. Es lässt sich absehen, dass der malawischen Regierung irgendwann das Geld dafür ausgehen wird.

Die AGRA führt also zu Produktionssteigerungen, deren Nachhaltigkeit bezweifelt werden muss, bei gleichzeitiger Entwurzelung zahlloser Bauernfamilien, denen keine ökonomischen Alternativen zur Verfügung stehen.

Falsche Wertschöpfungsketten

Die wenigen kritischen Veröffentlichungen, die sich bisher mit der AGRA und den Folgen auseinandergesetzt haben, waren eher zahnlos. So spricht Kerstin Bertow in einem 2011 für die nichtstaatliche Organisation (NGO) «Brot für die Welt» erstellten Dokument zwar davon, dass die AGRA-Position von vielen NGOs und kirchlichen Organisationen «stark kritisiert» wird, spezifiziert dann aber, dass sich die Kritik vor allem auf das Fehlen eines «ausgefeilten Konzepts» zur Förderung afrikanischer KleinbäuerInnen beziehe. Dem ist zu widersprechen, denn die AGRA verfügt über ein ausgefeiltes Konzept – aber es hat nichts mit Armutsbekämpfung und nachhaltiger Entwicklung zu tun.

Trotz fundierter Kritik aus linker Perspektive wie der von Via Campesina hat es die AGRA geschafft, im medialen Mainstream und in der «NGO-Szene» kaum beachtet und höchstens als ambivalent wahrgenommen zu werden. Das ist nicht völlig verwunderlich, denn auch bei bestimmten NGOs zeigt sich die Gates-Stiftung grosszügig. Lediglich einzelne NGO-MitarbeiterInnen haben das Thema in ihren Untersuchungen aufgegriffen, etwa Roman Herre von der Menschenrechtsorganisation FIAN Deutschland, der 2008 eine Studie über sieben Strategien zur globalen Landwirtschaft veröffentlichte und auch die AGRA berücksichtigte. Dabei stellt er die Frage, «ob bei allem Gerede um die Bedeutung kleinbäuerlicher Landwirtschaft» seitens der AGRA nicht «in der Praxis die kommerzielle Landwirtschaft/Grossbetriebe die Gewinner (…) sein werden». Diese Frage ist inzwischen beantwortet. Gewinn für «Big Business» ist der eigentliche Grund, warum die AGRA geschaffen wurde.

Im Gegensatz dazu sezierte Philip McMichael, Professor für Entwicklungssoziologie an der Cornell University in Ithaca (USA), das von Weltbank, AGRA und anderen GeldgeberInnen propagierte System zur landwirtschaftlichen «Entwicklung» mit einer fundamentalen Kritik an landwirtschaftlichen Wertschöpfungsketten. Deren Etablierung gehört nach eigener Darstellung zum Kerngeschäft der AGRA. Aus McMichaels Sicht ist das Konzept der Wertschöpfungsketten eine von Unternehmen erschaffene Vorstellung, mit der «Entwicklungsinstitutionen» versuchen würden, ihre Legitimität zur Beaufsichtigung der Welternährung wiederzuerlangen.

Dieser Anspruch war der Weltbank und verwandten Institutionen durch die jahrzehntelange Vernachlässigung der Landwirtschaft im globalen Süden nahezu abhandengekommen. Doch «in Fällen, wo Firmen den Einsatz von landwirtschaftlichen Inputs wie Saatgut, Düngemitteln und anderen Agrochemikalien, Kurzzeitkrediten und Anbauvorschriften forcieren, begibt sich der Produzent in eine besondere Art von Wertbeziehung, die das Potenzial hat, ein Instrument der Kontrolle, Schuldenabhängigkeit und Enteignung zu werden», folgert McMichael. In Bezug auf die KleinbäuerInnen verspreche das Konzept eine praktische Lösung für Nahrungsmitteldefizite, indem es ProduzentInnen, die bislang nicht vom Weltmarkt erreicht worden sind, verbesserte Produktivität in Aussicht stellt. In Wirklichkeit werde jedoch der produzierte Wert entlang der Wertschöpfungskette umverteilt – hin zur Verarbeitungsindustrie, zum Handel und zu den KreditgeberInnen.

Der Sinn von Wertschöpfungsketten bestehe in verbesserter Wettbewerbsfähigkeit. Hier bringt er die Sache auf den Punkt: «Firmen, die erfolgreich an globalen Wertschöpfungsketten beteiligt sind, können den Arbeitern keine Vorteile in Form von höheren Löhnen, gesicherten Arbeitsplätzen oder verbesserten Arbeitsbedingungen bieten.» Die Bedingungen, unter denen in Bangladesch und anderen Ländern Markentextilien in Wertschöpfungsketten eingebracht werden, sind hinlänglich bekannt und bieten sich als Vergleich an.

Ein schuldenbasierter Kreislauf

War es in früheren Jahrhunderten die Schuldknechtschaft, so sind es heute die vielfältigen Formen der Vertragslandwirtschaft, in denen Schuldverhältnisse ihren Ausdruck finden. Eine prinzipielle Kritik an der AGRA darf sich also nicht im Beklagen einer «vereinfachenden Argumentation» beziehungsweise des Fehlens einer kritischen Auseinandersetzung mit der alten Grünen Revolution erschöpfen. Der Ansatzpunkt für Kritik sind die Wertschöpfungsketten und eine Analyse der Folgen der Vertragslandwirtschaft, durch die die BäuerInnen am Ende gegebenenfalls auch physisch enteignet, aber auf dem Weg dorthin bereits so weit entmündigt werden, dass es einer Enteignung gleichkommt.

Die 14 000 von der AGRA ausgebildeten AgrarhändlerInnen stellen das Bindeglied zwischen den Werte schaffenden ProduzentInnen am unteren Ende der Kette und den weiter oben befindlichen Gliedern dar, die sich grosse Teile des geschaffenen Wertes aneignen. Ist der schuldenbasierte Kreislauf erst ßeinmal in Gang gekommen, ist der nunmehr agrarindustriell umgestülpte kleinbäuerliche Sektor von agrochemischen und biotechnologischen Inputs abhängig und kaum noch in der Lage, sich selbst zu reproduzieren.

Doch trotz der konzertierten Aktion von Agrobusiness und Institutionen widersetzt sich ein beträchtlicher Teil der «Zielgruppe» erfolgreich den Bemühungen, in die globalen Wertschöpfungsketten integriert zu werden. Das hat mit dem ausgeprägten Risikobewusstsein der KleinbäuerInnen zu tun. Zahlreiche sozioökonomische Studien belegen, dass sie sehr gründlich abwägen, ob es angesichts der Unwägbarkeiten von Klima, Heuschreckenplagen und Preisschwankungen sinnvoll ist, sich in der Hoffnung auf eine grössere Ernte zu verschulden. Oftmals verzichten sie zugunsten eines sichereren Einkommens auf ein möglicherweise höheres. Hinzu kommt eine Umorientierung in der landwirtschaftlichen Praxis durch die immer umfangreichere Anwendung agrarökologischer Anbauverfahren, mit denen sich in den Ländern des Südens die Erträge bei vielen Fruchtarten verdoppeln bis verdreifachen lassen. So haben sich die agrarökologisch bewirtschafteten Flächen in Asien, Afrika und Lateinamerika in den letzten fünfzehn Jahren vervielfacht. Bei dieser wissensintensiven Bewirtschaftungsform sind die BäuerInnen weitestgehend unabhängig von den durch transnationale Unternehmen kontrollierten Inputs.

Das ist auch der Gates-Stiftung nicht entgangen. Diese Flexibilität unterscheidet sie übrigens vom Starrsinn des einflussreichen britischen Ökonomieprofessors Paul Collier, der keine Gelegenheit auslässt, um gegen die «Biolandbauromantiker» zu wettern. Gemeinsam mit der Howard-G.-Buffett-Stiftung nahm die Gates-Stiftung sich parallel zur AGRA einer Kernkomponente des agrarökologischen Anbaus an – der biologischen Stickstoffanreicherung des Bodens mithilfe von Leguminosen (Erbsen, Bohnen, Erdnüsse und verschiedene Baumarten). Diese Pflanzen sind in Symbiose mit Knöllchenbakterien in der Lage, atmosphärischen Stickstoff im Boden zu fixieren. Dies ist die wichtigste Methode, um – ohne auf Agrochemikalien zurückzugreifen – dem Boden gezielt diesen wichtigen Nährstoff zuzuführen, der dann später anderen Fruchtarten zur Verfügung steht.

«Stickstoff nach Afrika»

Sollte sich agrarökologischer Anbau weiter durchsetzen, wäre es für die Saatgutkonzerne schlecht, wenn das Leguminosensaatgut nicht unter ihrer Kontrolle stünde. Um keine Chance zu verpassen, wurde deshalb 2010 von den beiden Stiftungen das auf vier Jahre ausgelegte Projekt «N2Africa» (Stickstoff nach Afrika) gestartet, das inzwischen in dreizehn afrikanischen Ländern aktiv ist. Am Ende der Projektlaufzeit will N2Africa unter anderem den Einsatz von «verbesserten» Leguminosensorten vorangebracht haben und sehen, dass diese von 225 000 KleinbäuerInnen verwendet werden. Gates und Co. empfinden die zunehmende Verbreitung der Agrarökologie offenbar als ernst zu nehmende Bedrohung der angestrebten Hegemonie über die landwirtschaftliche Produktion.

ExpertInnen bewerten die Integration bestimmter technischer Aspekte der Agrarökologie in die Strategie der Schaffung von Wertschöpfungsketten als Versuch, diese für die AGRA hinderliche Strömung innerhalb der KleinbäuerInnenschaft durch partielle Vereinnahmung zu neutralisieren. Wer bei dieser Auseinandersetzung die Oberhand gewinnt, bleibt abzuwarten.

Peter Clausing ist Agrarwissenschaftler, freier Publizist und Betreiber des Portals www.welt-ernaehrung.de.

2008 erschien sein unter dem Pseudonym Klaus Pedersen
 verfasstes Buch «Naturschutz und Profit». Im September 2013 erschien im Unrast Verlag Pedersens jüngstes Buch, «Die grüne
 Matrix. Naturschutz und Welternährung am Scheideweg».

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Die «Grüne Revolution»

Die Geschichte des Begriffs «Grüne Revolution» geht bis in die sechziger Jahre zurück. Er wurde von William Gaud geprägt, damals Direktor der US-Behörde für Entwicklungshilfe (USAid). Gaud hielt im März 1968 in Washington eine Rede, in der er die von den USA initiierte «friedliche» Grüne Revolution der «gewaltsamen Roten Revolution der Sowjets» gegenüberstellte, die von Ersterer eingedämmt werden sollte.

Fünf Wochen zuvor hatte im Vietnamkrieg die Tet-Offensive begonnen. Die Grüne Revolution ist somit in Wirklichkeit eine Konterrevolution und war Teil der US-Bemühungen, die Hegemonie in (Süd-)Ostasien zurückzugewinnen.

Die kurzzeitigen Erfolge der Grünen Revolution – bei der moderne landwirtschaftliche Hochertragssorten entwickelt und in Asien und Lateinamerika verbreitet wurden – trugen dazu bei, dass die sozialen Spannungen in einigen Teilen dieser Weltregion nachliessen. Heute kann man zu Recht vom Scheitern dieser Grünen Revolution sprechen. Denn obwohl sich zeitweise die Ernährungssituation vieler Menschen verbessert hatte, sind die Umweltschäden durch die Anbaumethoden in vielen Ländern gravierend und die Erträge zum Teil rückläufig.