Buch: Punk-Singlecovers

Nr. 5 –

Noch ein Buch über Punk? Ein weiterer Fall von Retromanie? Bei Jon Savage liegt die Sache anders. Mit Büchern wie «England’s Dreaming» hat der englische Pophistoriker bewiesen, dass die Arbeit an der Vergangenheit nicht in der Nostalgiefalle enden muss. «Punk 45. The Singles Cover Art 1976–1980» erzählt die Geschichte der Punkrevolte in Bildern. Die Coverkunst auf den Singles wird gezeigt, dazu gibts Interviews mit den ProtagonistInnen.

WOZ: Was sagt uns Punk im Jahr 2014?
Jon Savage: Punk ist jetzt 38 Jahre alt, er hat sich über die Jahre verändert, und bis heute entdecken junge Leute Punk für sich: Selbstermächtigung, Do it yourself, keine Regeln, die wahre Bedeutung von «anarchy». Man sieht das an Jugendbewegungen wie Occupy oder Pussy Riot. Wobei die interessantesten Punkphänomene heutzutage ausserhalb der Musik stattfinden, als Musikstil ist Punk längst kommodifiziert und fester Bestandteil der Musikindustrie. Punk ist als Idee bedeutend, weniger als Musik.

Warum konzentriert sie sich auf die 45er-Single-Platte?
Anfangs sah es nicht so aus, als sollte Punk lange dauern, also gab es diese Dringlichkeit, alles rauszubringen. Das Tolle an Punk war, dass der Weg von der Idee zur Umsetzung so kurz war. Man ging nicht ins Studio, um ein Album zu produzieren, nein, an einem Tag zwei, drei, vier Songs rausgehauen, auf eine Single gepresst, Cover dazu, fertig. Punk war schnell, ein Teenagermedium. Singles zu produzieren, war billig. The seven-inch 45 rpm record was king.

1978/79 tauchen viele Frauen auf, auch die Schweizer Band Kleenex (später Liliput). War Punk eine Ära weiblicher Selbstermächtigung?
Punk hat die Geschlechterbilder auf den Kopf gestellt. Frauen wie Siouxsie, The Slits, Gaye Advert und Poly Styrene machten Geräusche wie keine Frau jemals zuvor. Das war unglaublich aufregend, und das ist keineswegs posthume Verklärung.

Stuart Baker und Jon Savage: Punk 45. The Singles Cover Art 1976–1980. Soul Jazz Records. London 2013. 366 Seiten. 44 Franken