Bildung: Weg mit dem Flickenteppich!
Die Schweizer Bildungslandschaft ist mit ihren föderalistischen Strukturen ein einziger Flickenteppich. In den letzten Jahren sind aber mehrere Harmonisierungsschritte eingeleitet worden – schliesslich hatten sich die Schweizer Stimmberechtigten 2006 mit überwältigender Mehrheit für den Bildungsartikel ausgesprochen, der die Kantone verpflichtet, die Bildungssysteme zu vereinheitlichen. Das «HarmoS»-Konkordat und nun der Lehrplan 21 sind Instrumente, die diese Harmonisierung ermöglichen sollen.
Während aber die Romandie mittlerweile einen einheitlichen Lehrplan etabliert hat, rückt eine Harmonisierung in der Deutschschweiz zusehends in die Ferne. Vergangene Woche hat der Schaffhauser Kantonsrat beschlossen, dass künftig an Primarschulen nur noch eine Fremdsprache unterrichtet werden soll. Das widerspricht den Bestimmungen des «HarmoS»-Konkordats und torpediert die geforderte Harmonisierung. Die zweite Fremdsprache steht auch in weiteren Deutschschweizer Kantonen auf der Kippe: In Baselland und im Thurgau sind parlamentarische Vorstösse hängig, in Luzern, Graubünden und Nidwalden Volksinitiativen lanciert.
Die Streichung einer Fremdsprache in der Primarschule wird mehrheitlich zulasten des Französischs gehen: Die Landessprache ist heute nur in den zweisprachigen sowie in den an die Romandie angrenzenden Kantonen erste Fremdsprache, ansonsten ist es Englisch. Zieht ein Kind im Primarschulalter künftig von Liestal nach Schaffhausen, muss es eine neue Fremdsprache lernen.
Die Debatte um die Fremdsprachen ist eine rein politische. In pädagogischer Hinsicht gibt es keine zwingenden Erkenntnisse, die für oder gegen eine zweite Fremdsprache in der Primarschule sprechen. Gefordert ist folglich die Politik – gerade auf Bundesebene. Noch lässt man die Deutschschweizer Kantone gewähren. Doch mit dem in der Verfassung verankerten Bildungsartikel steht ein griffiger Hebel zur Verfügung. Dieser verpflichtet die Kantone nämlich dazu, die verlangte Harmonisierung ab dem Schuljahr 2015/16 zu erreichen. Höchste Zeit, den Deutschschweizer Flickenteppich zu entsorgen.