Kommentar zur Erbschaftssteuerinitiative: Richtige Diskussion, falsches Objekt

Nr. 23 –

Die Erbschaftssteuerinitiative soll auf ihre Gültigkeit überprüft werden. Das hat der Ständerat am Dienstag entschieden. Ziel ist eine grundsätzliche Diskussion darüber, welchen Kriterien Volksinitiativen genügen müssen.

Das Anliegen ist berechtigt, das Exempel falsch gewählt. Allen ist klar, dass das richtige Objekt die Ecopop-Initiative gewesen wäre. Die unsägliche Koppelung von Einwanderungsbeschränkungen für die Schweiz und «Familienplanung» für die Dritte Welt verletzt den Grundsatz der Einheit der Materie krass. Aber diesen Entscheid wollten die Räte nicht fällen. Das hätte, heisst es hinter nicht so verschämt vorgehaltener Hand, den EinwanderungsgegnerInnen weiter Auftrieb verliehen. Damit wird genau jenes problematische Geschäft betrieben, das mit der Diskussion angegangen werden soll: der taktische Umgang mit Initiativen.

Denn die Volksinitiative ist in den letzten Jahren gerade durch jene Kreise ins Zwielicht geraten, die sie so gerne mythologisieren: die SVP und wertkonservative Kreise. Die SVP-Durchsetzungsinitiativen beispielsweise dienen ja keiner sachlichen Lösung anstehender Probleme, sondern sollen vor allem eine ressentimentgeladene Stimmung schüren.

Dagegen gehört zu einer funktionierenden Demokratie auch eine Gewaltentrennung. Volksinitiativen müssen nicht nur auf Vereinbarkeit mit zwingendem Völkerrecht, sondern auch auf Verfassungsmässigkeit überprüft werden.

Die kommende Diskussion darum, ob die Erbschaftssteuerinitiative für ungültig erklärt werden soll, kann allerdings eine Chance für die Linke sein. Steuersenkungen wurden hierzulande lange Zeit mehrheitlich unterstützt, doch scheint der Wind in letzter Zeit gedreht zu haben, wie die jüngsten Abstimmungen in der Innerschweiz zeigen. Steuern knüpfen immer an unmittelbare materielle Interessen an. Die Schweiz ist Weltmeisterin im Sparen; deshalb werden insbesondere im oft beschworenen Mittelstand viele einmal erben und von einer entsprechenden Steuer betroffen sein. Andererseits wirken Steuern als ein praktikables Mittel zur Behebung der gröbsten Ungleichheiten in einer Gesellschaft. Das Zusammenspiel von ethischen Werten und materiellen Interessen: Das wäre eine spannende Debatte.