Musik: China fälschen

Nr. 24 –

Auf ihrem Debüt «Asiatisch» liefert die kuwaitische Musikerin und Künstlerin Fatima Al Qadiri ein Zukunftsmodell des Pop: ein Modell, das sich bei allen Quellen mit Bildern und Motiven, mit Stimmen und Sprachen, mit Sounds und Songs bedient, sich aber nicht um den Begriff der Herkunft kümmert. Man merkt: Heimat ist dort, wo es gut klingt. Gleich zu Beginn des Albums covert Al Qadiri den von Prince geschriebenen, aber erst durch die irische Sängerin Sinéad O’Connor weltberühmt gewordenen Song «Nothing Compares 2 U». Die 33-jährige Produzentin hat ihre Version mit der chinesischen Sängerin Helen Feng aufgenommen. «Shanzhai» heisst ihre Interpretation und ist zugleich Programm der ganzen Platte: Der Begriff bezeichnet die Fälschung, das Imitieren und Kopieren westlicher und japanischer Markenartikel.

«Asiatisch» ist als Idee eines simulierten, ausgefeilten Roadtrips durch ein virtuelles China entstanden; es spielt mit den westlichen Vorstellungen fernöstlicher Motive, Klänge und Sprachen. Die zwischen New York und London pendelnde Al Qadiri hat China nie besucht. Die Sounds für ihr Konzeptalbum sammelte sie jahrelang aus Film und Internet: Weiblich gesprochenes Nonsense-Mandarin und Melodiefetzen klassisch-chinesischer Musik unterlagert sie geschickt mit synthetischen Klängen, falschen Steeldrums- und Panflötensounds, wie man sie aus Videospielen, B-Movies oder der Beschallung von chinesischen Restaurants kennt. Dazwischen dröhnen Subbässe und Gongs.

Auf «Asiatisch» versammelt sich eine Nation als Fantasieprodukt, als Mythologie, eine Nation des Kommerzes, der Junkmedien und der vorgefertigten Fiktionen. Al Qadiri spinnt sie weiter. Liebhaber alter Exotica-Scheiben werden enttäuscht sein, denn «Asiatisch» löst höchstens das drohende Versprechen der aufsteigenden Weltmacht Chinas ein und klingt kalt, spukhaft und drohend.


Konzert am Samstag, 20. Juni 2014, in der Lady-Bar während der Art Basel.

Fatima Al Qadiri: Asiatisch. Hyperdub Records