Sri Lanka: Vorerst ungesühnt

Nr. 24 –

Die Uno-Hochkommissarin für Menschenrechte möchte erneut Kriegsverbrechen in Sri Lanka untersuchen lassen. Nur: Die Regierung will nicht kooperieren.

Eine unabhängige dreizehnköpfige Kommission des Uno-Menschenrechtsrats (UNHRC) soll ihre Arbeit in den nächsten Wochen aufnehmen. Ihr sollen drei SonderberichterstatterInnen zur Seite gestellt werden: zu den Themen «aussergerichtliche und willkürliche Tötungen», «erzwungenes und unfreiwilliges Verschwinden» sowie «Folter in staatlicher Obhut». Untersucht werden die Kriegsverbrechen, die von den sri-lankischen Sicherheitskräften ebenso wie von der Befreiungsbewegung der Tamil Eelam (LTTE) während der letzten Kriegsmonate 2009 begangen wurden.

Im März dieses Jahres verabschiedete der Uno-Menschenrechtsrat eine entsprechende Resolution dazu. «Es ist wichtig, dass die Hochkommissarin für Menschenrechte alle nötigen Unterlagen und politische Unterstützung erhält, damit die Wahrheit über die damaligen Geschehnisse endlich ans Licht kommt und die Straffreiheit ein Ende hat», sagt David Griffiths, stellvertretender Leiter der Asien-Pazifik-Abteilung bei Amnesty International. 2009 hatte die sri-lankische Regierung eine für sie vorteilhafte Resolution durchgebracht (vgl. «‹Das ist zynisch›» im Anschluss an diesen Text). Eine kritischere Resolution von 2013 ignorierte sie. Und auch jetzt will Colombo nicht kooperieren.

Visaanträge werden «geprüft»

Gegenüber der «Colombo Gazette» vom 2. Juni sagte Regierungssprecher Keheliya Rambukwella, dass das Aussenministerium genau prüfen werde, ob den vom Menschenrechtsrat akkreditierten Mitgliedern der Untersuchungskommission Visa ausgestellt würden. Das gelte auch für den ehemaligen Uno-Generalsekretär, über dessen Mitwirkung derzeit spekuliert wird. «Wenn Kofi Annan als Tourist nach Sri Lanka einreist, bekommt er ein Visum. Wenn Annan aber den Krieg untersuchen möchte, behält sich das Ministerium vor, den Antrag abzulehnen», so Rambukwella.

Ein gewichtiger Grund für den Boykott der Regierung dürfte sein, dass die politische und militärische Elite noch immer durchsetzt ist von Männern, deren Machenschaften während des Kriegs nicht ans Licht kommen sollen. Dennoch bleibt die Hochkommissarin Navi Pillay – die Südafrikanerin hat selbst tamilische Wurzeln – entschlossen: Sie will die sri-lankische Regierung nochmals überzeugen, sich an der Untersuchung zu beteiligen.

Auch Tamil Tigers im Zwielicht

Ende 2009 hatten das Militär und verschiedene regierungstreue Milizen die Tamil Tigers militärisch zerschlagen. Dabei wurden Tausende ZivilistInnen getötet und Zehntausende vertrieben. Laut der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch sollen TamilInnen auch nach Kriegsende systematisch Folterungen und Vergewaltigungen durch die Sicherheitskräfte ausgesetzt gewesen sein. Besonders der Umgang der sri-lankischen Behörden mit den zahlreichen Binnenflüchtlingen, die in Lagern eingesperrt blieben, erregte internationale Kritik.

Doch nicht nur die sri-lankische Regierung, auch der tamilische Provinzrat im Norden der Insel will die Resolution nicht in dieser Weise umsetzen. Zwar möchte der Provinzrat die Vorwürfe eines Völkermords durch die Regierung mit eigenen Beweisen untermauern, sträubt sich aber dagegen, Menschenrechtsverletzungen der Tamil Tigers untersuchen zu lassen: Tausende von Kindersoldaten wurden rekrutiert, ZivilistInnen als menschliche Schutzschilder missbraucht, und auch einige tamilische GegenspielerInnen sind bis heute verschwunden.

Dass der UNHRC der Öffentlichkeit die Menschenrechtsverletzungen in Sri Lanka nun wieder in Erinnerung ruft, ist wichtig. Wenn sie aber nicht umgesetzt wird, droht auch diese Resolution zur Farce zu werden.

«Das ist zynisch»

Kurz nach Ende des Kriegs in Sri Lanka 2009 verabschiedete der Uno-Menschenrechtsrat eine erste Resolution. Diese hatte die sri-lankische Regierung gleich selbst eingebracht und sämtliche Änderungsvorschläge verhindert. Der verabschiedete Beschluss lobte nicht nur die Regierung für ihren Einsatz gegen die «Rebellen», sondern erlaubte es Hilfsorganisationen erst dann, die Bedürftigen zu unterstützen, «wenn es angebracht ist».

Human Rights Watch schrieb damals dazu: «Dass ein solcher Text von einem Menschenrechtsgremium der internationalen Gemeinschaft verabschiedet wird, ist zynisch.»