IMSI-Catcher: Das Geschäft mit der Überwachung
Das Staatssekretariat für Wirtschaft bewilligte seit 2012 den Export von insgesamt 34 IMSI-Catchern im Wert von 18,7 Millionen Franken. In welche Länder die umstrittenen Überwachungsgeräte geliefert werden, will es allerdings geheim halten.
Das Gerät ist so klein, dass es in einen kleinen Koffer oder Rucksack passt, aber seine Wirkung ist enorm. Kein Wunder ist der sogenannte IMSI-Catcher ein begehrtes Überwachungstool von Strafverfolgungsbehörden und Geheimdiensten.
Man muss sich das Gerät wie einen Staubsauger mit immenser Saugkraft vorstellen. Statt Schmutz sammelt der IMSI-Catcher jedoch Informationen. Er gibt vor, eine Handyantenne zu sein. Da sein Signal stärker ist als jenes gewöhnlicher Funkmasten, wählen sich sämtliche Handys im Umkreis von 300 Metern beim IMSI-Catcher ein. Der Catcher liest so die International Mobile Subscriber Identity (IMSI) aus, über die sich die registrierten HandybesitzerInnen ausfindig machen lassen.
Einsatz in Bangladesch
In Deutschland wurde der erste IMSI-Catcher 1995 im Auftrag des Bundesnachrichtendiensts entwickelt und erfreut sich seither reger Beliebtheit. Auch in der Schweiz werden IMSI-Catcher eingesetzt. Bis vor kurzem war nur die Bundespolizei Fedpol im Besitz des Geräts, das sie laut eigenen Angaben vor allem zur Personensuche einsetzte. Ende 2013 aber machte die Zeitung «Schweiz am Sonntag» publik, dass sich auch die Zürcher Kantonspolizei zwei IMSI-Catcher beschafft hat. Über die Details der Beschaffung schwieg sich die Polizei aus. Ein Einsichtsgesuch gemäss Öffentlichkeitsgesetz durch die Digitale Gesellschaft beantworteten die Zürcher Polizisten abschlägig.
Der Einsatz von IMSI-Catchern bewegt sich hierzulande im rechtlichen Graubereich. Mit der Revision des Überwachungsgesetzes Büpf soll nun eine juristische Grundlage geschaffen werden. IMSI-Catcher sind allerdings hoch umstritten, unter anderem, weil das Gerät nicht nur Informationen über eine verdächtige Zielperson sammelt, sondern über alle HandynutzerInnen, die sich in deren Nähe befinden.
Umso fragwürdiger ist deshalb der Export der Überwachungstechnologie des Mobilfunks an Staaten, in denen die Menschenrechte nicht eingehalten werden. Ende April machte die britische NGO Privacy International ein zugespieltes Dokument publik, nach dem das Rapid Action Battalion (RAB), eine Spezialeinheit der Polizei von Bangladesch, den Kauf von IMSI-Catchern ausgeschrieben hat. Menschenrechtsgruppen üben seit Jahren heftige Kritik am RAB: Amnesty International wirft der Spezialeinheit vor, seit 2004 über 700 Menschen in Bangladesch umgebracht zu haben. Aufgrund von Indizien im Dokument vermutete Privacy International, dass die Überwachungstechnologie aus der Schweiz geliefert werden könnte. Von den Schweizer Medien wurde das weitgehend ignoriert. Einzig das St. Galler «Tagblatt» nahm die Meldung auf.
Eisernes Schweigen
Der Export von IMSI-Catchern ist im Güterkontrollgesetz geregelt und unterliegt der Bewilligungspflicht. Sie gelten als sogenannte Dual-Use-Güter, die sowohl zivil wie auch militärisch genutzt werden können. Seit einer Ergänzung des Wassenaar-Abkommens für Exportkontrollen von konventionellen Waffen und Dual-Use-Gütern im Juli 2012 muss das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) deshalb den Export von IMSI-Catchern prüfen. Zu einem allfälligen Export nach Bangladesch will sich das Seco aber nicht äussern: Zu einzelnen Gesuchen nehme es nicht Stellung. Die grüne Nationalrätin Aline Trede hat in derselben Sache eine einfache Anfrage an den Bundesrat eingereicht. Die Antwort darauf liegt allerdings noch nicht vor, da Trede am Montag krank war und an der Fragestunde im Nationalrat nicht anwesend sein konnte.
Das Seco gibt auf Anfrage der WOZ nun allerdings bekannt, wie viele IMSI-Catcher seit der Erfassung der Exporte von Überwachungstechnologie im Jahr 2012 ins Ausland geliefert wurden: 2012 bewilligte es 23 Gesuche, 2013 7 und im laufenden Jahr 4. Seit 2013 wurden zudem 12 Exportanträge wieder zurückgezogen, in 3 Fällen ging es dabei um die Lieferung von IMSI-Catchern, in 9 Fällen allerdings um andere Internetüberwachungstechnologien.
Insgesamt bewilligte das Seco also die Ausfuhr von 34 IMSI-Catchern ins Ausland. Das Volumen dieser Exporte belief sich auf 18,7 Millionen Franken. Nur bei der Frage, in welche Länder die Schweizer Überwachungstechnologie geliefert wird, herrscht bei der Berner Behörde eisernes Schweigen. Dabei wäre gerade diese Information entscheidend: Verkauft die Schweiz ihre Überwachungstechnologien des Mobilfunknetzes auch an autoritäre Regimes?
Geschäfte mit autoritären Regimes
Letztes Jahr veröffentlichte die Enthüllungsplattform Wikileaks unter dem Titel «Spy Files» Unterlagen, die die Geschäftsbeziehungen von Technologiefirmen mit autoritären Regimes belegten. Darunter fanden sich auch Dokumente von Schweizer Firmen, die den Verdacht nahelegten, dass diese unter anderem Oman und Turkmenistan mit Technologien beliefert hätten, mit denen sich der Internetverkehr überwachen lässt. Zu den Firmen gehörten die Elaman GmbH aus München, die eine Tochtergesellschaft im Thurgau unterhält, die Zürcher Firma Neosoft, die unter anderem IMSI-Catcher verkauft, und das Berner Unternehmen Dreamlab, das bereits mehrfach in Kritik geraten ist.