Visionen: Die Harnblase der Fussball-Uno

Nr. 25 –

Eigentlich mochten wir ihn immer, den Tim Roth. Er war Mr. Orange in «Reservoir Dogs», für Werner Herzog spielte er später Hanussen, den jüdischen Hellseher, der mit den Nazis sympathisierte. Dieser Tage wandelt der britische Schauspieler als Fürst Rainier durch die Kinos, neben Nicole Kidman als «Grace of Monaco». Aber im britischen Fernsehen gab er einst auch den Josef K. aus Kafkas «Der Process», und bei einem so weit gespannten Repertoire ist immer noch Platz für einen anderen Josef, dem viele gern den Prozess machen würden. Einen, der in der Weltsprache des Kinos wie die englische Harnblase klingt, wenn sie im Film seinen Namen sagen: «bladder».

Ja, Tim Roth spielt jetzt Sepp Blatter, den Walliser Grossfürsten an der Spitze des Weltfussballverbands Fifa. «United Passions» heisst der opulent ausgestattete Spielfilm, nicht gerade als Auftragswerk entstanden, aber doch mit kräftiger Unterstützung und dem Segen der Fifa. Schon der Titel ist ja Propaganda in Reinkultur: «United Passions», das klingt wie «United Nations». Unsere Fifa, die Uno der fussballerischen Leidenschaft!

Kino und Fussball, das war allerdings noch nie eine besonders glückliche Beziehung. Aber wenns schon mit den guten Fussballfilmen praktisch nie klappen will, schenkt uns der französische Regisseur Frédéric Auburtin jetzt immerhin ein filmhistorisches Novum: Mit «United Passions» hat er das erste Fifa-Biopic in der Geschichte des Kinos gedreht, einen Funktionärsreigen im historischen Gewand, politisch so integer, dass natürlich auch Gérard Depardieu in dieser Herrenrunde nicht fehlen darf. Depardieu gibt Jacques Rimet, den Gründervater der Fussballweltmeisterschaft, und Blatters Vorgänger, João Havelange, wird gespielt von einem, der sich mit lebenden Fossilien besonders gut auskennt: Sam Neill, bekannt aus «Jurassic Park».

In den Schweizer Kinos bleibt uns der Film erspart. Aber den lustigsten Satz, den Tim Roth als Sepp Blatter sagen darf, hört man ohnehin schon im Trailer: «Ich weiss nicht, was mit dem Geld passiert ist.»