Angriff in Aarau: «Brutal-Attacke»: Wo liegt das Problem?

Nr. 41 –

Es ist nach Mitternacht irgendwo in einer Schweizer Kleinstadt, und ein Mann greift eine Frau an. Er schlägt sie ins Gesicht, mehrfach, drückt sie zu Boden. Sie fürchtet, er werde sie vergewaltigen. Scheinwerfer. Ein Auto taucht auf, verscheucht den Angreifer, rettet die dreissigjährige Frau.

Der Mann Mitte zwanzig wird später verhaftet. Er sitzt derzeit in Untersuchungshaft. Danach wird ihm, wie jedem anderen Beschuldigten auch, der Prozess gemacht, und er wird eine Strafe verbüssen. Vermutlich wird er ins Gefängnis gehen.

So weit, so gewöhnlich.

So weit, so schändlich.

Ein mieser Überfall wie viele andere.

Die Zeitungen könnten nun über Vergewaltigungen und sexuelle Übergriffe schreiben. Sie könnten darüber debattieren, weshalb Männer Frauen angreifen. Sie könnten über subjektives und objektives Sicherheitsempfinden sinnieren. Aber das geschieht nicht – oder nur am Rand. Denn der Kriminalfall von Aarau, der diese Woche die Boulevardpresse dominiert, unterscheidet sich in einem Detail von anderen ähnlichen Fällen: Der Täter stammt aus Eritrea und ist ein Asylbewerber.

Damit schlägt die Debatte um die «Brutal-Attacke in Aarau» eine bemerkenswerte Richtung ein: Es geht um kriminelle AsylbewerberInnen, der digitale Stammtisch fordert Ausschaffung und (meistens) Schlimmeres, Ausrufezeichen überall, die SVP fordert «geschlossene Lager für delinquierende Asylbewerber» (tatsächlich: «Lager»).

Ein stellvertretender Chefredaktor der regionalen Zeitung kann dem Vorschlag etwas abgewinnen, schliesslich gilt: «Wer sich benimmt und die Gesetze einhält, hat nichts zu befürchten.» Aber, ganz ausgewogen, fragt er sich auch: Taugt das Rezept in der Realität wirklich? Es sei trotzdem wichtig, über Asylbewerber und Kriminalität zu reden. «Wer mit der Internierungs-Forderung nicht einverstanden ist, soll eine überzeugende Alternative anbieten.» 

Wo liegt eigentlich das Problem? Ob Asylbewerber oder nicht: Der mutmassliche Täter wurde verhaftet. Er kommt vor Gericht. Er wird bestraft werden. So sieht es das Gesetz vor. Ist das überzeugend genug?