Immer und ewig: Zum Tod von René Burri (1933–2014)

Nr. 43 –

Er hat die Schweiz auch in Brasilien gefunden, auf dem Grundstück Nummer 41 in einer Stadt, die damals noch nicht einmal halb gebaut war: «Suiça», so ist die Bautafel angeschrieben, die der Zürcher René Burri in der neu hochgezogenen Hauptstadt Brasilia fotografierte. Das war 1960, im Jahr, als die Metropole vom Reissbrett eingeweiht wurde. Über vier Jahrzehnte hinweg dokumentierte der Schweizer Magnum-Fotograf das Werden und Wesen der Retortenstadt, von 1958 bis 1997.

Es sind Bilder, die in kühnen Vertikalen den Traum von der modern gedachten Stadt feiern – einen Traum, der aber auch jederzeit ins Monströse kippen kann. Dann etwa, wenn Burri die hölzernen Leitungsmasten ins Bild rückt, die wie Grabkreuze vor einem gespenstischen Rohbau in den Himmel ragen. Oder wenn der Pyramidenbau der Elektrizitätswerke aus der Luft wie eine futuristische Götzenfigur aussieht.

Burris Bilder aus Brasilia sind in einem schönen Bildband versammelt, der vor drei Jahren im Verlag Scheidegger & Spiess erschienen ist. «Ein grosser Menschenfreund und ein reizender Geschichtenerzähler» sei er gewesen, erinnert sich Verlagsleiter Thomas Kramer an den Fotografen. Burri sei in seiner Arbeit auch das Gegenteil von egozentrisch gewesen: «Er war ein Kollektivist, der mit grossem Vertrauen und unerschöpflicher Neugier immer sehr gerne mit anderen zusammengearbeitet hat.»

So auch 1963 als Begleiter der US-Reporterin Laura Bergquist bei ihrer Audienz beim kubanischen Industrieminister namens Ernesto «Che» Guevara. Die Zigarre, das Räuchlein, der Blick des Revolutionärs von oben herab: In dieser Ikone hat Burri die Aura der Revolte gleichsam dingfest gemacht.