Goldinitiative: Tonnenweise Gold vergraben

Nr. 44 –

Es ist Luzi Stamms Lieblingssatz: «Man muss kein Ökonom sein, um zu wissen, dass Gold auch in hundert Jahren noch Gold wert sein wird.» Damit bewirbt der SVP-Nationalrat derzeit seine «Goldinitiative», die verlangt, dass die Nationalbank (SNB) mindestens zwanzig Prozent ihrer Anlagen in Gold halten muss – das sie darüber hinaus unter Schweizer Boden zu bunkern hätte. Ende November wird abgestimmt.

Ja, Gold wird auch in hundert Jahren noch Gold wert sein – so, wie auch ein Esel in hundert Jahren noch einen Esel wert sein wird. Doch in Franken ist das nicht unbedingt gleich viel. Seit Stamm 2012 mit seinen Mitstreitern Ulrich Schlüer und Lukas Reimann die Initiative lanciert hat, ist der Goldpreis (pro Feinunze) von grob 1600 auf 1200 Franken abgesackt. Während letztes Jahr die Reserven, die die SNB in Devisen hält, um acht Milliarden Franken an Wert gewonnen haben, ist der Wert ihres Golds um fast doppelt so viel gesunken. Kurz: Das Argument der Initianten, das «Volksvermögen schützen» zu wollen, hat sich in Luft aufgelöst.

Die Aufgabe einer Zentralbank besteht aber ohnehin nicht darin, für das Land Vermögen zu lagern. Ihre Aufgabe ist es, die Geldmenge in der Wirtschaft zu steuern. Grundsätzlich gilt: Hält die Nationalbank das Geld knapp, sind die Zinsen auf Vermögen hoch und die Inflation darauf tief. Das freut jene, die viel Vermögen besitzen. Hält sie die Zügel dagegen locker, werden Vermögen tief verzinst und verlieren durch Inflation an Wert. Dafür wird mehr investiert, was den ArbeiterInnen zugutekommt: Die Nachfrage steigt, Arbeitsplätze werden geschaffen, die Löhne steigen.

Stamm und Co. wollen die Möglichkeit der SNB, neues Geld zu schaffen, radikal beschränken. Ihre Initiative ist beseelt vom Goldstandard des 19. Jahrhunderts, wie ihn auch rechts-libertäre Eiferer der Tea-Party-Bewegung in den USA zurückwollen: Damals waren die Zentralbanken verpflichtet, Papiergeld jederzeit gegen Gold zu tauschen; entsprechend wurde die Geldmenge durch die Menge an Gold limitiert, die sie besassen. Die Verpflichtung, zwanzig Prozent der Anlagen in Gold zu halten, würde auch die SNB beschränken: Jeden zusätzlichen Franken müsste sie mit einem Stück Gold im Wert von zwanzig Rappen unterlegen. Zudem dürfte sie dieses Gold gemäss Initiative nie mehr verkaufen. Der Staat soll entmachtet werden, um jene zu schützen, die Vermögen besitzen.

Es stimmt: Heute, Anfang des 21. Jahrhunderts, führt das viele Geld, das die Zentralbanken derzeit in Umlauf bringen, kaum zu Investitionen und Arbeit. Vielmehr fliesst es als Spielgeld zu den SpekulantInnen an die Börsen – oder es geht als Hypotheken an HausbesitzerInnen, die so auf Pump den Bauboom befeuern. Deshalb kritisieren auch Linke die aktuelle Geldpolitik. Die tiefere Ursache für diesen Missstand liegt jedoch, wie inzwischen auch Mainstream-ÖkonomInnen anerkennen, in der zunehmenden Ungleichheit der Vermögen und Löhne: Sie hat die breite Nachfrage nach Konsumgütern geschwächt. Entsprechend investieren die Firmen trotz rekordtiefer Zinsen kaum.

Die neuen Blasen an den Börsen belegen deshalb lediglich, dass Zentralbanken nicht imstande sind, das tiefer liegende Problem der Ungleichheit zu beheben. Sie sind jedoch noch lange kein Argument dafür, die Geldpolitik irgendeiner willkürlichen Goldquote zu überlassen, die die SNB einhalten sollte.

Ein Beispiel gefällig? Als nach der Finanzkrise der Franken als Fluchtwährung gegenüber dem Euro kontinuierlich an Wert gewann, führte die SNB im Herbst 2011 eine bis heute geltende Kursuntergrenze von 1,20 Franken ein, indem sie erklärte, so viele Franken wie nötig drucken zu wollen, um die Währung schwach zu halten. Die Nationalbank kam damit den Exportfirmen zu Hilfe, die zunehmend Mühe hatten, im Ausland ihre in Franken angeschriebenen Produkte zu verkaufen.

Mit der Goldinitiative wäre die Kursuntergrenze nicht aufrechtzuerhalten. Dafür müsste die SNB unter Umständen weltweit Tonnen von Gold zusammenkaufen, es mit Lastwagen in die Schweiz fugen und hier unter der Erde vergraben.