Spital Zweisimmen: Zum Gebären siebzig Kilometer fahren?

Nr. 51 –

Zweisimmen behält sein Spital – das erfuhren die BewohnerInnen des Simmentals, von Gstaad, Gsteig und Umgebung nach langer Ungewissheit im Juni dieses Jahres. Aber das Spital Zweisimmen verliert seine Geburtsabteilung. Sie wird im April 2015 geschlossen. Bisher gab es in Zweisimmen rund 120 Geburten im Jahr; 
in Zukunft sollen die Frauen zum Gebären nach Thun fahren. Für Bewohnerinnen der entlegensten Gebiete der grossen, von Streusiedlungen geprägten Region sind das über siebzig Kilometer.

Gehört Geburtshilfe zur Grundversorgung? Nein, heisst es bei der Berner Gesundheitsdirektion und auf dem kantonalen Spitalamt. Beide äusserten sich dazu im «Bund».

Die Berner Sektion des Hebammenverbands sieht das anders. In einem eindrücklichen Argumentarium legt deren Präsidentin Marianne Haueter dar, warum. Haueter arbeitet selbst im Spital Zweisimmen und hat Geschichten miterlebt, die zeigen, dass eine regionale Geburtsabteilung existenziell sein kann: unerwarteter, zu früher Blasensprung auf der Alp, Wehenbeginn in einer Winternacht mit Schneesturm oder eine lebensgefährliche Schwangerschaftsvergiftung.

Marianne Haueter schätzt, dass es zehn Prozent der Frauen, die in den letzten Jahren in Zweisimmen geboren haben, nicht nach Thun geschafft hätten, weil das Kind weniger als eine Stunde nach Wehenbeginn zur Welt kam. Und gerade bei schnellen Geburten sei das Risiko für schwere Nachblutungen höher. Werden solche Frauen in Zukunft im Auto gebären?

Ein Geburtshaus in Zweisimmen wäre keine Alternative: Geburtshäuser brauchen für Notfälle ein Spital mit Geburtsabteilung in der Nähe. Die Berner Hebammen unterstützen deshalb die Spitalstandortinitiative, die die Berner Regionalspitäler erhalten will – inklusive Geburtshilfe, wo es sie heute gibt.

* Wunsch von Sabine Graf und Kolleginnen: «Geburtsabteilung Spital Zweisimmen: Was ist da los?»

Mehr zu Zweisimmen: 
www.bernerhebamme.ch/aktuell

Spitalstandortinitiative: 
www.riggisberg-ist-ueberall.ch