Musik-Album «Master Mix: Red Hot + Arthur Russell»: Zwischen Cello und Disco

Nr. 16 –

Er wollte sich zeitlebens nie festlegen, spielte mit seinem Cello in der New Yorker Avantgardeszene, nahm zu Herzen gehende Country- und Folksongs in seiner Wohnung auf, meditierte mit Allen Ginsberg, gastierte bei den Talking Heads und erfand eine blubbernde Discospielart: Arthur Russell (1951–1992), das von Akne zernarbte Landei aus Iowa, sah keine Widersprüche zwischen all diesen musikalischen Polen, die er von Mitte der siebziger Jahre bis zu seinem Aidstod beackerte.

Vor zehn Jahren setzte die Wiederentdeckung dieses unwahrscheinlichen Werks ein. Auf die Compilation «The World of Arthur Russell» folgten seither immer neue Wiederveröffentlichungen und Fundstücke – wie eine unfreiwillig komische Hip-Hop-Nummer, für die Russell einen seiner verzwickten Beats spielt, während sich der spätere Brachialschauspieler Vin Diesel dazu als Rapper versucht. Nun erinnert auch die jüngste Folge der Aids-Benefiz-Samplerreihe «Red Hot» an Russell. Auf zwei CDs versammeln sich vornehmlich MusikerInnen aus der Oberschicht des Indie-Pop: Mitglieder von Arcade Fire sind vertreten, Sufjan Stevens ist zu hören wie auch die Schwedin Robyn, Blood Orange oder Hot Chip. Letzteren gelingt eine feine, weil angemessen offene und verspielte Coverversion von Russells Discohit «Go Bang!», und Devendra Banhart, der sich bereits auf seiner letzten Platte «Mala» auf Russell bezogen hat, spielt das bei ihm vielfach schimmernde «Losing My Taste for the Night Life».

Diese offen gestalteten Aneignungen sind aber eher Ausnahmen – einige Künstler wie die Scissor Sisters bügeln die Unebenheiten und Unfertigkeiten der Vorlagen allzu glatt und rauben ihnen damit das Intime und Offenherzige, das Arthurs Musik auch auszeichnet. Man müsste hier von gänzlich misslungenen Beiträgen sprechen, wären da nicht die wunderbaren Melodien, die Arthur Russell in den Songs beinahe versteckt hat – und die nun an der Pop-Oberfläche glänzen.

Various Artists: Master Mix: Red Hot + Arthur Russell. Yep Roc