Verhafteter FCZ-Star: Der ganz alltägliche Rassismus

Nr. 26 –

Ein Mann spaziert mit seiner Partnerin eine vielbesuchte Strasse entlang. Sie kaufen ein, schlendern herum, gucken sich Schaufenster an. Dann wird der Mann von der Polizei angehalten, heftig zu Boden gerissen, sein Gesicht küsst den kalten Asphalt, ein Polizist drückt dem Mann das Knie in den Rücken. Die Frau schreit, PassantInnen schauen irritiert, der Mann wird verhaftet und abgeführt. – Alltagsszene an der Zürcher Langstrasse.

Aber der Fall spielte sich an der geschniegelten Zürcher Bahnhofstrasse ab. Und wahrscheinlich hätte er niemanden weiter interessiert, hiesse der Verhaftete nicht Yassine Chikhaoui.

Der tunesische Nationalspieler und Captain des FC Zürich war Ende Mai beim Einkaufen in der Bahnhofstrasse von vier PolizistInnen kontrolliert und festgesetzt worden. AugenzeugInnen berichteten von einer brutalen Verhaftung, die Medien von «Irrtum» und «Missverständnis». Vergangenes Wochenende veröffentlichte Tele Züri ein Video des heftigen Polizeieinsatzes.

FCZ-Präsident Ancillo Canepa soll sich laut Medienberichten bei Polizeivorsteher Richard Wolff beschwert haben. Die Polizei traf Chikhaoui und dessen Anwalt zum Gespräch. Aber bis sich alle Parteien im August an einen Tisch setzen (Chikhaoui weilt in den Ferien), haben sie Stillschweigen vereinbart. Darum sagt Polizeisprecher Marco Cortesi: «Kein Kommentar.»

Klar ist heute nur, dass die Polizei auf der Suche nach Taschendieben war und ein sogenanntes Signalement erhalten hatte, das auf FCZ-Star Chikhaoui passte.

Was könnte also die Polizei dazu gebracht haben, Chikhaoui derart übel zu behandeln: Ist er ein Dieb? Übte er Gewalt und Drohung gegen die PolizistInnen aus? Waren die PolizistInnen Fans des Stadtrivalen GC?

Alle drei Erklärungen sind unglaubwürdig, zum Teil sind sie widerlegt. Bleibt nur eine vierte Erklärung. Jeder, der bei Trost ist, dunkle Hautfarbe hat oder hin und wieder Zürcher PolizistInnen bei der Arbeit beobachtet, weiss, was Fahndung nach «Signalementen» nur allzu oft bedeutet: die alltägliche, rassistische Praxis, wie nicht gutschweizerisch aussehende Personen behandelt werden – und die laut offizieller Darstellung der politischen Führung in Zürich nicht existiert. – Schön wärs.