Sexarbeit: Amnesty und die Zuhälter

Nr. 32 –

Was hat Meryl Streep mit einem von Stacheldraht umwickelten erigierten Penis gemeinsam? – Mit beiden wird zurzeit mobilgemacht gegen ein letzte Woche geleaktes internes Positionspapier von Amnesty International (AI) zum Thema Sexarbeit. Das Papier plädiert für die vollständige Entkriminalisierung von Prostitution, um so den Schutz der Menschenrechte von SexarbeiterInnen zu gewährleisten und sie besser vor Ausbeutung schützen zu können. Wohlgemerkt: Es handelt sich um einen Entwurf, der am Ratstreffen von AI dieses Wochenende in Dublin diskutiert wird und dessen definitive Version erst noch auszuarbeiten ist.

Trotzdem ruft die Position schon jetzt ProstitutionsgegnerInnen aus diversen Ländern auf den Plan. So fordert eine mittlerweile von gut 6500 Personen unterzeichnete Petition die Amnesty-Abgeordneten auf, den Entwurf bachab zu schicken. Geworben wird für diese Petition unter anderem mit dem abgewandelten Amnesty-Logo, das die bekannte, von Stacheldraht umwickelte Kerze kurzerhand durch einen Penis ersetzt.

Am meisten Aufsehen sorgte bisher jedoch ein mit derselben Absicht verfasster offener Brief der Coalition Against Trafficking in Women, der Prostitution mit Folter und Apartheid gleichsetzt und AI vorwirft, gemeinsame Sache mit Zuhältern zu machen. Unterschrieben wurde der Brief von 400 Personen, darunter, wenig überraschend, Alice Schwarzer, aber auch Hollywoodstars wie Anne Hathaway, Kate Winslet und eben Meryl Streep.

Auf der anderen Seite stehen zahlreiche SexarbeiterInnen und Organisationen, die sich für deren Rechte einsetzen. Das Global Network of Sex Work Projects hat derweil eine weitere Petition (mit bisher 7300 Unterschriften) gestartet, die den Entwurf vollauf unterstützt und Amnesty auffordert, trotz des prominenten Drucks standhaft zu bleiben. Darauf hofft auch Christa Ammann von der Beratungsstelle Xenia in Bern: «Falls sich Amnesty nicht auf eine Position einigt, kann dies so ausgelegt werden, dass sie den Status quo befürworten und die Kriminalisierung von Sexarbeit akzeptieren.» Werde der Entwurf hingegen gutgeheissen, würde die Position derjenigen gestärkt, die für eine Entkriminalisierung von Sexarbeit kämpfen – und nicht zuletzt auch jene der SexarbeiterInnen selbst.