Guatemala: Der Präsident und das Schwarzgeld
Es ist einsam geworden um Otto Pérez Molina. Schon fünf Minister, etliche Staatssekretäre und weitere hohe Staatsbeamte wollen mit der Regierung des guatemaltekischen Staatspräsidenten nichts mehr zu tun haben. Die Staatsanwaltschaft und die ErmittlerInnen der Uno-Kommission gegen die Straffreiheit werfen ihm vor, ein führendes Mitglied einer korrupten Seilschaft zu sein, die den Staat um Millionen US-Dollar betrogen habe. Vor dem Regierungspalast fordern täglich Tausende seinen Rücktritt.
Aber Pérez Molina ist ein harter Knochen, gestählt als General im schmutzigen Bürgerkrieg und als Chef des militärischen Geheimdiensts, dem unzählige Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden. Er will durchhalten bis zum Ende seiner Amtszeit im Dezember. Die Vorwürfe, sagt er, seien eine aus dem Ausland gesteuerte «Intervention». Er sei unschuldig. Doch selbst Jorge Briz, der Vorsitzende des mächtigen Unternehmerverbands Cacif, hat Pérez Molina inzwischen aufgefordert, schleunigst sein Amt niederzulegen.
Die Erste, die über diesen Skandal stolperte, war Vizepräsidentin Roxana Baldetti. Sie musste Anfang Mai zurücktreten, weil sie in Tausenden von Telefonaten, die von der Staatsanwaltschaft mitgehört worden waren, als prominentes Mitglied einer «La Linea» genannten Bande erwähnt wurde. Die hatte von Firmen Schmiergeld kassiert und im Gegenzug deren importierte Waren am Zoll vorbeigeschleust. Auch Pérez Molina wurde in den abgehörtenTelefonaten oft als «Nummer eins» erwähnt.
Die Staatsanwaltschaft hat beim Parlament die Aufhebung der strafrechtlichen Immunität des Präsidenten beantragt. Doch das Gremium wird von rechten Parteien dominiert, viele seiner Mitglieder dürften kaum weniger korrupt sein. Nach dem Ende seiner Amtszeit wird Pérez Molina automatisch Mitglied im Zentralamerikanischen Parlament und geniesst weiterhin Immunität. Ein perfektes System der Straflosigkeit, das auch andere Korrupte schon genutzt haben. Pérez Molina könnte also davonkommen.