Mario Fehr und die Juso: Wer ist hier der Machthaber?

Nr. 45 –

Mario Fehr ist beleidigt. Der Zürcher SP-Regierungsrat ist sauer auf die Juso Zürich. Fehr hatte im Geheimen Überwachungssoftware, einen sogenannten Staatstrojaner, beschaffen lassen (siehe WOZ Nr. 34/2015 ) – die Juso zeigte ihn deswegen an. Aus Protest ist Fehr nun vorübergehend aus der SP ausgetreten.

Eine Strafanzeige ist ein unfreundliches Mittel, das stimmt. Aber wenn Fehr nun klagt, das Vorgehen der Juso erinnere ihn «an Machthaber totalitärer Staaten», verwechselt er etwas: Er ist in diesem Streit derjenige, der Macht hat. Und er hat in den letzten Jahren mit seinem sozial-, migrations- und polizeipolitisch rechten Kurs viel getan, um das Verhältnis zu seiner Partei arg zu stören. Der geheime Kauf des Staatstrojaners war da nur der letzte Akt.

Auch wenn Mario Fehr das sicher nicht so sieht: Die Juso ist ein Glücksfall für die SP. Seit gut zehn Jahren hat eine neue Juso-Generation enormen Schub entwickelt und schafft es, immer neue Jugendliche anzuziehen und zu politisieren. Mit ihren Veranstaltungen, Initiativen und Ferienlagern leistet sie eine enorme Bildungsarbeit für die linke Basis von morgen. Und vor allem ist die Juso ein wichtiges linkes Korrektiv für die SP: Sie erinnert die Mutterpartei an ihre Prinzipien, sei es bei den Grundrechten, in der Lohnpolitik oder beim Kampf gegen Spekulation.

Was geschehen kann, wenn so ein Korrektiv fehlt, zeigt ein Blick nach Österreich wie jüngst bei den Wiener Bürgermeisterwahlen: Die SPÖ ist eine schwerfällige Partei für Beamte über fünfzig, der die Basis unaufhaltsam wegaltert, während die Jugend und die BüezerInnen zur rechtsextremen FPÖ davonlaufen. Auch in der Schweiz ticken erschreckend viele Junge rechts – aber sie haben mit der Juso zumindest eine attraktive Alternative, die sie auf andere Gedanken bringen kann.

Linke Prinzipien sind zum Glück keine Frage des Alters. Dass man sich nicht rechts anbiedern muss, um Erfolg zu haben, zeigen SP-VertreterInnen wie der St. Galler Ständerat Paul Rechsteiner, der am 15. November zur Wiederwahl antritt: Sie sind freundlich im Umgang, pragmatisch in sinnvollen Koalitionen, aber standfest bei den linken Grundlagen. Mario Fehr ist das Gegenteil.