Kost und Logis: Auf nach Glaibasel!

Nr. 1 –

Karin Hoffsten war an einem ganz besonderen Ort zu Gast

Es ist zwar schon Januar, aber von einem Weihnachtsessen muss ich noch erzählen. Dazu reiste ich etwas nervös nach Basel, denn fremde Menschen machen mich immer ein bisschen nervös – und jenes Gläschen, das die Zunge löst, würde es bei dieser Einladung nicht geben: Der Treffpunkt Glaibasel hatte mich eingeladen, eine «Anlaufstelle für Randständige und Obdachlose», wovon ich mir aber nur verschwommene Vorstellungen machte.

Doch dann stehe ich zwischen gefühlt hundert Menschen in einer Diele und werde herzlich empfangen: Die LeiterInnen – Hüseyin und Sulamith – begrüssen alle Gäste persönlich. Heute sind alle per Du, auch ich hefte mir ein Etikett mit meinem Vornamen an die Jacke. Der Flur führt in mehrere Räume, die Küche, in der ein emsiges Kochteam werkelt, ein Büro, wo sich jetzt Mäntel stapeln, und zwei Zimmer mit festlich gedeckten Tischen. Schon im Eingangsbereich biegen sich Tische unter Schüsseln mit Salaten, Reis, Ofenkartoffeln und natürlich der Hauptsache, diversen Fleischsorten fürs Fondue chinoise.

An einem Tisch gelandet, versuche ich mich erst mal im Austausch mit meinem Gegenüber. Paco (alle Namen der BesucherInnen geändert) ist Spanier und schon lange in Basel, hat aber eine grosse Familie im Tessin, mit der er in zwei Tagen Weihnachten feiern wird. Genau wie ich ist er zum ersten Mal hier und strahlt mich freudig an. Eine der jungen Frauen, die mir vorher als «unsere freiwilligen Engel» vorgestellt wurden, stellt einen Topf siedend heisse Brühe zwischen uns aufs Rechaud, dann kommt das Signal: Aufstehen, Teller fassen, Essen schöpfen! Wieder drängen wir uns im Flur – kein Problem, es hat wahrlich von allem genug für alle!

Beim Essen wird uns warm. Paco hat inzwischen FCB-Jacke und -Schal abgelegt; alle am Tisch sind sich einig, dass die Basler spitze sind – trotz Zürcher Trainer. Oder vielleicht auch wegen. Neben mir sitzt Mona, die sich nicht nur mit dem FCB, sondern auch mit Barça hervorragend auskennt. Dass Barça dieselben Farben wie der FCB hat, sei auf dessen Schweizer Gründer zurückzuführen, lerne ich. Mona wird im April nach Barcelona auswandern und spricht schon gut Katalanisch. Wir unterhalten uns angeregt, vom Flur her begleitet Praktikantin Janaja das gemeinsame Mahl leise auf der Gitarre.

Auf der Website www.treffpunktglaibasel.ch habe ich zwar schon eine Menge zum vielfältigen Angebot des Treffpunkts gelesen, aber nach dem Essen will ich vom Team noch etwas über die tägliche Arbeit erfahren. Natürlich gibt es Regeln: Kein Alkohol, keine Drogen, geraucht wird nur auf der Terrasse. Und wie überall, wo sich Menschen treffen, kann es auch mal zu Spannungen kommen, doch meist ist es friedlich. Auch an diesem Abend berührt mich, wie freundlich und respektvoll alle, die hier arbeiten, mit den BesucherInnen umgehen.

Beflügelt mache ich mich auf den Heimweg. Und im Zug gibts dann doch noch ein Bier.

Trotz der guten Erfahrung ist Karin Hoffsten erleichtert, dass die gefrässige Weihnachtssaison wieder mal ihr verdientes Ende fand.