Von oben herab: Panzergrenadinen

Nr. 28 –

Stefan Gärtner über die Wehrpflicht für Frauen

«Nach norwegischem Vorbild will eine Expertengruppe des Bundesrats die Wehrpflicht für Frauen prüfen», meldet die «Aargauer Zeitung», «ein Thema, das in der Schweiz kontrovers diskutiert wird. Die Frauenrechtsorganisation ‹Alliance F› fragt: Wehrpflicht? Erst soll die Lohngleichheit Realität werden.» Denn nur aus gleichen Rechten folgen gleiche Pflichten, wobei ich die Kollegen und Kolleginnen von der Aare gern darauf aufmerksam mache, dass Diskussionen im Grundsatz kontrovers sind, andernfalls wir es bloss mit typisch weiblicher Plauderei bei Schümlikaffee und Basler Läckerli zu tun haben; und wiederum interessant ist, wo, glauben wir wie stets dem «Tages-Anzeiger», das Interesse an der Gleichberechtigung neuerlich herrührt: «Die Armee als unser zentrales Sicherheitsinstrument hat – in unsicheren Zeiten wie heute, aber auch in sicheren – Anspruch auf die ganze Vielfalt von Menschen, die der Schweiz zur Verfügung steht, nicht allein auf zwangsverpflichtete Männer und freiwillige Frauen. Das bedingt natürlich, dass die Armee ihre künftigen Angehörigen entsprechend ausliest», wie in unsicheren Zeiten, aber auch in sicheren das Prinzip der Auslese das allerhöchste ist, ausser vielleicht bei unseren Journalen, wo deswegen niemand sitzt, der über Doppelmoppel wie «Zwangspflicht» stolpert; und das Dilemma also ist, dass, wer in der Schweiz die volle Gleichberechtigung unter Waffen erstrebt, dem Ausleseprinzip applaudieren muss.

Wenn auch einem sozusagen humanisierten, denn die Besten dürfen nicht, sondern müssen, und wer nicht taugt, hat ausnahmsweise den Vorteil, wobei das, jedenfalls in Deutschland, immer schon so war; weshalb ich, nach mässig, aber eben doch bestandener Tauglichkeitsprüfung den zivilen Dienst am Vaterland klaglos ableistete, während genau jene Sportskanonen, die einen in der Schule immer gedemütigt hatten, wegen irgendwelcher Bewegungsschäden davongekommen waren. Und die Damen im Zuge irgendwelcher Auslandsaufenthalte sowieso ihre Mehrsprachigkeit perfektionierten.

Ich glaube, ich fand das, in einem frühen Anfall von Durchblickertum, nicht einmal unfair, denn die Frauen hätten dafür später den Nachteil durchs Kinderkriegen, und den haben sie ja wirklich und immer noch; weshalb jedenfalls Regula Zweifel von der Frauenrechtsorganisation Alliance F beigepflichtet sei, erstens wegen ihres hervorragenden, wie sehr gut ausgedachten Namens («Regula Zweifel»), aber auch, weil sie «auf Anfrage der ‹AZ›» («AZ») darauf bestand, die Schweiz müsse erst einmal «ihre Hausarbeit», hahaha, nein: «ihre Hausaufgaben betreffend Lohngleichheit und Vereinbarkeit von Beruf und Familie machen», die im Vorbild Norwegen, soweit ich lese, vollauf hergestellt sind. Weshalb mit Goethen gelten kann: «Alles geben Götter, die unendlichen /Ihren Lieblingen ganz / Alle Freuden, die unendlichen / Allen Schwachsinn, den unendlichen, ganz»; und ich mich freue, aus der von mir und Oliver Nagel erstellten Themenliste des bereits 2001 in der «Titanic» erschienenen «Magazins für den weiblichen Soldaten» zitieren zu können: «Grosse Interviews: Verona Feldpost, Christina Aguerilla. / Die wahre Geschichte: Peinlich! Die andere trug das gleiche wie ich!»

Und diese und ähnliche Granatenscherze («Trend-Erfrischung: Panzergrenadine mit Schuss») haben Frauen schliesslich genauso verdient wie Männer.

Stefan Gärtner (BRD) war Redaktor bei der «Titanic» und ist heute Schriftsteller und «linksradikaler Satiriker» («Die Zeit»). An dieser Stelle nimmt er das Geschehen in der Schweiz unter die Lupe.