Nachrichtendienstgesetz: Die komplette Verwirrung
Das neue Nachrichtendienstgesetz (NDG), das am 25. September zur Abstimmung kommt, sorgt in mehreren Parteien für Verwirrung. Die FDP, die einst mit dem Slogan «Mehr Freiheit – weniger Staat» in die Wahlen zog, unterstützt das NDG – ein Gesetz, das einen Überwachungsstaat implementieren soll, der unsere Freiheitsrechte massiv einschränkt. Die SVP wiederum, die sich sonst bei jeder Gelegenheit als Gralshüterin unserer angeblichen Neutralität aufspielt, sieht keinen Widerspruch darin, dass der Geheimdienst künftig virtuell Krieg spielen darf. Und der rechte Parteiflügel der SP scheint unter einer Amnesie zu leiden, er begrüsst die Aufrüstung des Geheimdiensts, als ob es nie eine Fichenaffäre – und deren Neuauflage vor sechs Jahren – gegeben hätte.
Die Verwirrung prägt allerdings nicht bloss den Abstimmungskampf, sondern gravierenderweise auch das Gesetz selbst. Das zeigt sich exemplarisch am Filetstück des NDG: der Kabelaufklärung. Diese erlaubt es dem Geheimdienst künftig, sämtliche Internetkommunikation, die über das Ausland geht, systematisch zu durchsuchen. Das klingt nach Auslandsspionage, doch weil der Grossteil der Internetkommunikation der Schweizer Bevölkerung über ausländische Server und Netze führt, wären wir alle von dieser Massnahme betroffen. Die Kabelaufklärung entpuppt sich plötzlich als Instrument der Massenüberwachung.
Die Verwirrung ist damit nicht zu Ende. Das NDG verpflichtet die Provider nämlich, die entsprechenden Daten an das Zentrum für elektronische Operationen (ZEO) zu liefern, das nicht dem Geheimdienst, sondern der Armee angegliedert ist. Es sind also Armeeangehörige, die die Internetkommunikation durchforsten, weshalb das Argument der NDG-BefürworterInnen, der Geheimdienst mit 300 Vollzeitstellen und einem 69,5-Millionen-Franken-Budget sei gar nicht in der Lage, eine Massenüberwachung zu bewerkstelligen, falsch ist.
Immerhin ist es beruhigend zu wissen, dass die am ZEO abgefangenen Daten in guten Händen sind. Der Armee kommt bekanntlich nie etwas abhanden.